Als Beispiel wie sich die NS-Propaganda organisierte (Anmerkungen zum Text kursiv):
Programm der Reichspropagandaleitung für den |
»Tag des Großdeutschen Reiches 9. April 1938« |
Der Vorabend des Wahlsonntags (Volksabstimmung zum "Anschluss" am 10.4.1938) muss zu einem flammenden Bekenntnis der gesamten Nation für den Führer und sein Werk ausgestaltet werden. Aus diesem Grunde sind eine Reihe von Maßnahmen und Veranstaltungen vorgesehen, die sämtliche Formationen, Gliederungen, Vereine und Verbände umfassen.
Nachstehend das Programm des Tages, das vom Führer genehmigt worden ist.
I. Überbringung von Treuebotschaften der deutschen Gaue an den Führer in Wien durch das NSKK (=Nationalsozialistisches Kraftfahrerkorps).
Das NSKK organisiert eine Treuefahrt aus allen deutschen Gauen nach Wien in Form einer Sternfahrt. In den einzelnen Gaustädten beziehungsweise in Ostpreußen vom Tannenbergdenkmal, in Schleswig-Holstein vom Mausoleum Bismarcks in Friedrichsruh, im Gau Saarpfalz von Saarbrücken, in Schlesien vom Annaberg, in Pommern vom ehemaligen Lazarett in Pasewalk (im dortigen Lazarett lag Hitler nach einer Gasvergiftung, er soll ebenda beschlossen haben "Politiker zu werden"), in Baden vom Grabe Schlageters (1923 wegen Anschläge gegen die französischen Besatzer im Ruhrgebiet von diesen hingerichteter NSDAP-Funktionär) nehmen die Fahrten nach Wien ihren Ausgang.
II. Der Führer trifft am 9. April, 10.30 Uhr, in Wien ein. Die Spitzen der Partei, des Staates und der Wehrmacht erwarten den Führer. Ehrenkompanien der Wehrmacht und Ehrenformationen der Gliederungen der Partei. Darauf Fahrt zum Rathaus.
11.00 Uhr Eintreffen im Rathaus. Empfang des Führers in Anwesenheit der österreichischen Landesregierung und der Stände des österreichischen Landes. Anschließend überreicht der Korpsführer des NSKK die von den einzelnen Gauen durch NSKK-Fahrer überbrachten Treuebotschaften an den Führer.
Die Treuebotschaften müssen in würdigster Weise, evtl. auf Pergament, ausgestellt sein und sich in Kassetten, Stahlröhren oder sonstigen geeigneten Behältnissen befinden, damit sie der Nachwelt erhalten bleiben können.
Vor dem Rathaus haben Hunderttausend Wiener Volksgenossen Aufstellung genommen.
Die Feierstunde im Rathaus ist so eingeteilt, dass sie 1 Minute vor 12 Uhr beendet ist.
Um 11.57 Uhr tritt Dr. Goebbels auf den Balkon des Rathauses und verkündet von dort aus den Tag des Großdeutschen Reiches. Auf das Kommando: »Hißt Flaggen!« werden in ganz Deutschland die Häuser beflaggt. Gleichzeitig werden 15000 Brieftauben, die aus allen Gauen nach Wien geschafft worden sind, aufgelassen. Die Ankündigung des Tages des Großdeutschen Reiches geht über alle Sender.
Im ganzen Reich sind für 12 Uhr kurze Betriebsappelle anzusetzen, in die die Verkündung des Tages des Großdeutschen Reiches übertragen wird. Mit dem Moment der Verkündung tritt eine Verkehrsstille von 2 Minuten ein. Die in Bewegung befindlichen Fahrzeuge der Eisenbahn und andere Verkehrsmittel, die nicht angehalten werden können, geben von 12.00 - 12.02 Uhr Signale.
Von 12.00 bis 12.02 Uhr werden in ganz Deutschland sämtliche Sirenen in Tätigkeit gesetzt, ebenfalls auf allen Schiffen der deutschen See- und Binnenschifffahrt. Um 12.00 Uhr auf das Sirenen-Signal hin flaggen sämtliche Kriegs- und Handelsschiffe der See- und Binnenschifffahrt über die Toppen.
Die Schaffenden, die die Verkündung des Tages in ihren Betriebsappellen hören, werden aufgefordert, nach Schluss der Arbeitszeit sich nach Hause zu begeben, sich festtäglich anzuziehen und in der nötigen Weihe den großen Schicksalstag des deutschen Reiches zu begehen.
Sämtliche Flugzeuggeschwader der deutschen Luftwaffe kreisen über den Städten. Es ist zu prüfen, ob sie in einer Staffelformation fliegen können, aus der das Wort »Ja« erkenntlich ist. Die Flugzeuge, die als Himmelschreiber zu verwenden sind, sind einzusetzen, um das Wort »Ja« an den Himmel zu schreiben.
Um die Festesfreude noch zu vertiefen, wird an diesem Tage schulfrei erklärt, und zwar in der Weise, dass dies nicht vor Sonnabend bekannt wird und die Schüler zuerst noch zur Schule gehen. Dort spricht zu Beginn der Unterrichtsstunde der jeweilige Lehrer über die Bedeutung des Tages, etwa 10 Minuten, und verkündet darauf den Schülern, dass aus Anlass dieses Tages für die weitere Dauer des Tages der Schulunterricht ausfällt. Damit wird erreicht, dass die Schüler eine große Freude mit nach Hause zu ihren Eltern bringen.
III. Ab 15.00 Uhr machen sämtliche Musikzüge und Kapellen der Wehrmacht, der Gliederungen der Bewegung, sämtliche Vereine und Verbände auf verschiedenen Plätzen der Städte und Ortschaften Platzkonzerte.
Die Gliederungen der Bewegung, SA, SS, NSKK usw., fahren mit Lastwagen und wehenden Fahnen durch die Strassen der Stadt.
Die Hitler-Jugend und das Jungvolk sind für Propagandamärsche angesetzt. Sie tragen mit sich Transparente mit den Aufschriften: »Die Jugend will Euer Ja!« oder »Sichert die Zukunft der deutschen Jugend, gebt dem Führer Euer Ja!«.
IV. Um 19.00 Uhr Anmarsch der Bevölkerung unter Einsatz aller Gliederungen der Bewegung mit voranmarschierenden Musikzügen der Wehrmacht, der Gliederungen der Partei und sämtlicher vorhandenen Vereinskapellen in den Ortschaften auf einen freien Platz, in den Städten auf mehrere geeignete Plätze.
Auf den Plätzen muss im Mittelpunkt ein großer Fahnenmast errichtet sein, an dem die Fahne des Dritten Reiches in feierlicher Weise gehisst wird. Es muss dafür gesorgt werden, dass bei einbrechender Dunkelheit die Fahnen angestrahlt werden können.
Vom Eintreffen der Züge auf den Plätzen bis zum Beginn der Übertragung der Kundgebung des Führers aus Wien machen die Kapellen und Musikzüge Platzkonzert abwechselnd mit Gesangsvorträgen der Gesangsvereine. Sämtliche deutschen Gesangsvereine sind dabei einzuspannen. Die zu singenden Lieder müssen der Bedeutung und dem Sinne des Tages entsprechen.
Nicht nur die Organisationen der Partei nehmen an den Aufmärschen teil, sondern auch der Reichsbund für Leibesübungen; Vereine aller Art mobilisieren so ihre Angehörigen, Mitglieder und deren Familie. Die Häuser sind zu illuminieren, historische Gebäude sind anzustrahlen oder mit Rotfeuer zu beleuchten.
V. 20.00 Uhr Beginn der Kundgebung vom Nordwestbahnhof in Wien. Es spricht der Führer.
Nachdem der Führer geendet hat, wird das Niederländische Dankgebet gesungen, das überall mitzusingen ist.
Gleichzeitig müssen im ganzen Reich die Glocken geläutet werden.
Auf allen Höhen werden Höhenfeuer entzündet, sodass über das ganze Reich hinweg von Ungarns Grenze bis nach Saarbrücken, von den Küsten der Nordsee bis auf die Alpengipfel die Feuer dem Volk und der Welt künden, dass die schicksalhafte Stunde gekommen ist. In den Häfen der Kriegsmarine macht die deutsche Flotte Scheinwerfermanöver.
Die Parteiorganisationen haben im ganzen Reich dafür zu sorgen, dass die dadurch erzeugte feierliche und heilige Stimmung durch nichts gestört wird. In stolzer Freude müssen sich die Massen anschließend durch die Strassen bewegen, ein überwältigendes Bild für den neutralen Beschauer von der Geschlossenheit und stolzen Freude eines ganzen Volkes.
des Verlautbarung des obigen Programmes in der Wiener Zeitung
Hitler bei seiner "Großen Schlussansprache" an seine Volksgenossen