Sexualität im Dritten Reich

Das Thema Sexualität als solches zu behandeln, ist erst seit den späteren Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts üblich geworden, zur NS-Zeit fiel es noch in den Tabubereich, die zeitgenössischen Zeugnisse aus der NS-Zeit zu diesem Gebiet sind darum recht dünn gesät.
Aber es war in der Praxis ein wichtiges Thema: Die Absicht, ein großdeutsches, großgermanisches Reich zu errichten, das auf den Vorstellungen einer rassistischen Weltanschauung beruhte, bedurfte der Planung der menschlichen Fortpflanzung.
Dass Hitler als praktisches Vorbild in dieser Hinsicht gänzlich ausfiel, soll hier nicht näher erörtert werden, ebenso wenig sollen uns Affären von Goebbels oder Potenzprobleme von Göring beschäftigen.

Die Kapiteleinteilung:
1. Die NS-Familie
2. Arische Völkerzucht
3. "Rassenschande"
4. Homosexualität
5. Prostitution
6. Soldatenliebe

1. Die NS-Familie

Hitler: "Man hat mich über unsere Stellung zur Frauenfrage gefragt. Dazu erkläre ich: Wenn wir die Macht erobert haben, wird jede deutsche Frau einen Mann bekommen".

Auch die deutsche Familie ward nach dem Führerprinzip konzipiert. Der Mann als Oberhaupt, das draußen in der Welt für Familie, Volk und Rasse wirkt, im Hause die treusorgende Frau und Mutter. In den Dreißigerjahren wurde die Rückkehr der Frauen an den Herd als Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit propagiert. Ehestandsdarlehen von 1.000 Reichsmark (zum Teil in Gutscheinen für Möbel usw. ausgezahlt) für junge Familien mit berufslosen Hausfrauen sollten diese Entwicklung forcieren - diese Darlehen wurden pro geborenem Kind um 25% reduziert, für eine "NS-Vollfamilie" mit vier Kindern war das zinsenlose Darlehen daher "abgekindert". Zum Erhalt des Darlehens muss ein Fruchtbarkeitszeugnis eines Gynäkologen vorgelegt werden. Unverheiratete Männer und (ab 1938) kinderlose Ehepaare zahlten eine Strafsteuer von 10% der Einkommen.
Auch mit administrativen Maßnahmen werden Frauen aus dem Berufsleben gedrängt: Verheiratete Beamtinnen abgebaut, manche gehobene Berufe für Frauen eingeschränkt (Anwältin, Ärztin), die Studienplätze für Frauen auf 10% beschränkt.
Die Vier-Kinder-Vollfamilie wurde allerdings trotzdem nicht zu dem Erfolg, den die Naziadministration erhofft hatte. Einerseits war der Mittelstand auf staatliche Förderungsmittel, wie auf die im Jahre 1935 eingeführte Kinderbeihilfe, nicht angewiesen, andererseits entsprachen Familien mit reichem Kindersegen nicht immer den rassischen und züchterischen Vorstellungen der Nazis, denn es geschah damals häufig, dass wenig geschätzte Unterschichtfamilien ("Gesindel") viele Kinder hatten. Heute sind diese "kleinkriminellen Großfamilien" praktisch verschwunden - in Zeiten mangelhafter Empfängnisverhütung, mangelhafter Schulausbildung, mangelhaftem Sozialwesens spielten sie gesellschaftlich eine gewisse Rolle: von den "Anständigen" als "Bagage" eingestuft mussten sie ihr Dasein am Rande der Gesellschaft fristen.


deutsche Zuchtprobleme: "Untermenschen" mit vielen Kindern!
im Nachhinein als besondere Groteske zu sehen: die jüdischen
"Untermenschen" hatten eine auffallend niedrige Geburtenrate!

Bremsend für die NS-Menschenzucht wirkte ferner die klare Fehlschätzung des Wohnungsbedarfes für eine wachsende Bevölkerung. Die Menschen wollten zuerst Wohnraum und dann erst Kinder. Der Bestand war für kinderreiche Jungfamilien zu gering, zu klein, zu teuer. Das Wohnbauprogramm der Nazis förderte vorwiegend die Errichtung von Eigenheimen, der staatliche Wohnungsbau wurde zwar propagandistisch gerne in Szene gesetzt, er hätte aber für die gewünschte Steigerung der Bevölkerungszahl um ein Mehrfaches größer sein müssen.

Das 1938 von Hitler gestiftete und ab 1939 verliehene "Mutterkreuz" in Bronze für vier bis fünf, in Silber bis sieben und in Gold ab acht Kinder war die Anerkennung germanenschaffender Mutterschaft durch den NS-Staat, auch beim Mutterkreuz gab es immer wieder Bedenken wegen "asozialer" Großfamilien.
Mutterkreuzträgerinnen mussten - wie die Träger von Militärorden - von den Mitgliedern der HJ gegrüßt werden, hatten in öffentlichen Verkehrsmitteln Sitzplatzanspruch und erhielten bei öffentlichen Veranstaltungen Ehrenplätze.
Bereits 1933 war eingeführt worden, dass Familien ab neun Kindern oder sieben Jungen den Reichspräsidenten oder den Reichskanzler um die Patenschaft für eines der Kinder ersuchen konnten.
Ab 1935 gab es ab dem fünften Kind und bei einem Familienmonatseinkommen unter 185 RM pro Monat 10 RM Kindergeld, 1938 erfolgte die Auszahlung ab dem dritten Kind, während des Krieges wurde das Kindergeld mehrfach erhöht: die Soldatennachzucht sollte sich lohnen!

"Die Familie ist der erfüllte Lebenskreis der deutschen Frau. Unsere deutsche Hausmutter gestaltet in ihr den kraftspendenden Ruhepunkt alles männlichen Tuns, die Stätte liebreicher Erziehung des jungen Geschlechts und den Mittelpunkt deutscher Geselligkeit. Wie die Frau, so wird die Familie sein", war das Motto einer Ausstellung "Frau und Mutter" 1939 in München.
Ein Heraustreten der Frau aus dem Schatten des Mannes missachtet die NS-Ordnung, die zentrale Rolle der Frau ist die Fähigkeit, Kinder zu gebären - aber nur dann, wenn sie "arisch" und gesund ist und "wertvolles Erbgut" besitzt. In der Kindererziehung sollten die Mütter für die Fortsetzung der Rollenverteilung sorgen: Buben mutig und tapfer, Mädchen häuslich und fürsorglich.
Die NS-Völkerzucht durch möglichst vielfache Mutterschaften führte auch zu NS-Witzen: Besonders die Abkürzung des "Bundes deutscher Mädchen" (BDM) erfreute sich in entsprechend "männlicher" Interpretationen: Bubi drück mich, Bund deutscher Matratzen, Bedarfsartikel deutscher Männer ...
Praktische Auswirkungen soll es beispielsweise 1935 mit tausend am Parteitag der NSDAP geschwängerten BDM-Maiden gegeben haben, damals waren uneheliche Kinder (aus christlicher Wertetradition) eine schlimme Schande, daher sagte man über unehelich gezeugte Kinder, sie entstammten einer "biologische Ehe", nicht alle Mädchen könnten einen Mann bekommen, aber alle könnten Kinder kriegen.


Mutterkreuzfamilie


Muttertagsbotschaft des Führers


ein Hauptpunkt der NS-Politik - das angebliche "
Volk ohne Raum" führt Krieg für die Kinder


staatliche Familienförderung wird aufgebaut

In "Mein Kampf" hatte sich Hitler Sorgen über die Ernährung einer wachsenden Bevölkerung gemacht, gleichzeitig wurde aber durch die Politik der Nationalsozialisten, das Wachstum der Bevölkerung forciert - die (ideo)logische Abfolge: Das deutsche Volk hat zuwenig Siedlungsraum, um ein wachsendes deutsches Volk zu ernähren, um sich in der Welt durchzusetzen, muss das deutsche Volk aber wachsen: daher muss das deutsche Volk Krieg führen, um genügend "Lebensraum" für das wachsende deutsche Volk zu besitzen.


eine NS-Losung für die Zeit nach dem "Endsieg"

In der Gegenwart, wo in den hochentwickelten Ländern nur 2 bis 5% der Bevölkerung in der Landwirtschaft arbeiten und Nahrungsmittelüberproduktion herrscht, ist die "Lebensraum-Ideologie" des Nationalsozialismus nur noch schwer zu verstehen. Und heute steht der Wunsch nach einer stärkeren Reproduktionsrate hauptsächlich im Zusammenhang mit der Finanzierung der Pensionsleistungen und nicht mit der Ausbreitung einer Völkerschaft.

Die von der NS-Ideologie dargestellte Form eines "deutschen Volkes" hat es natürlich auch damals nicht gegeben - "deutschblütig", wie im NS-Jargon der "rassische" Zustand der Bevölkerung in Deutschland bezeichnet wurde, war ein höchst nebuloser Begriff.

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Die arische Völkerzucht

In "Mein Kampf" hatte Hitler festgehalten: "Jedes Tier paart sich nur mit einem Genossen der gleichen Art. Meise geht zu Meise, Fink zu Fink, der Storch zur Störchin, Feldmaus zu Feldmaus, Hausmaus zu Hausmaus*, der Wolf zur Wölfin usw. (...) Die Folge dieses in der Natur allgemein gültigen Triebes zur Rassenreinheit ist nicht nur eine scharfe Abgrenzung der einzelnen Rassen nach außen, sondern auch ihre gleichmäßige Wesensart in sich selbst. Der Fuchs ist immer ein Fuchs, die Gans immer eine Gans, der Tiger ein Tiger usw. (..) Es wird aber nie ein Fuchs sein, der seiner inneren Gesinnung nach etwa humane Anwandlungen Gänsen gegenüber haben könnte, wie es ebenso auch keine Katze gibt mit freundlicher Zuneigung zu Mäusen."

* Meise und Fink gehören zu verschiedenen Familien, die Störche sogar zu einer anderen Ordnung, mit Rassen hat dies nichts zu tun, Feldmäuse sind keine "Rasse", Feldmäuse wurden zu Hausmäusen, Mäuse flüchten nicht vor der menschlichen Besiedlung, sondern nützen sie.

Die Nazis hatten mit ihrer Rassenlehre eine Menge praktischer Probleme. Etwa konnte man den "Arier", den Hitler so sehr rühmte, in Gesetzestexten nicht verwenden, weil sich die "Arier" eventuell als Sprachgruppe, aber nicht als "Rasse" definieren ließen.
Deshalb findet man im vierbändigen Neuen Brockhaus-Lexikon (Ausgabe 1937) unter "Arier" nur die folgenden acht Zeilen: "Arier [ind.-pers.], Ez. der Arier, -s 1) Völkerkunde: eigener Name der indogermanischen Bewohner Vorderindiens und Persiens; davon abgeleitet ist der Landesname Iran. 2) im völkischen, rassenkundlichen Sinn Angehörige der alteinheimischen, europäischen Hauptrassen, bes. im Gegensatz zu den Rassen, aus denen das jüdische Volk hervorgegangen ist. Zuweilen werden A. auch mit der nordischen Rasse gleichgesetzt. Beiw. arisch.
Im Neuen Brockhaus, Ausgabe 1973, stehen unter "Arier" zwölf Zeilen: Arier [altind. Arya, 'der Edle'], Ez. der Arier, -s, die Völker des indo-iran. Zweiges der indogerman. Sprachfamilie (arische Sprachen). A. nannten sich ursprünglich indogerman. Adelsgruppen in Vorderasien und Indien. In der rassenkundlich bestimmten Geschichtsschreibung des 19. Jahrh. wurde der Begriff A. verengt: Er wurde auf Inder, Meder, Perser, Griechen, Römer als Schöpfer der antiken Kultur bezogen und auf die Germanen als die Erben der Antike, die auf dieser Grundlage die abendländische Kultur schufen. Der Antisemitismus engte den Begriff A. noch schärfer ein, indem er ihm eine antijüd. Bedeutung gab. - arisch, zu den A. gehörig.

In Wikipedia ist unter dem Stichwort "Arier" u.a. zu lesen: "Arier nannten sich Gruppen von Nomaden, welche sich seit dem 3. Jtd. v.Chr. in die zentralasiatische Steppe, nördlich des Kaspischen Meeres und des Aralsees, ausbreiteten und sich dabei in einen indischen (Indo-Arier) und einen iranischen (Irano-Arier) Zweig spaltete.. Im 2. Jahrtausend v.Chr. wanderte der indische Zweig der Arier, deren Sprache Sanskrit war, über den Hindukusch nach Nordwestindien ein (..). Für die iranischen Arier, die zu den Vorfahren der heutigen Perser (Iraner), Kurden, Paschtunen und Belutschen wurden, wird die Einwanderung auf das 11. bis 10. Jh. v.Chr. datier. Die Migration der Arier in das Gebiet des heutigen Iran und Indiens ist durch Völkerkunde anhand der altpersischen heiligen Schriften des Avesta und der altindischen heiligen Schrift der Veden gesichert. Deswegen nennt man in der Sprachwissenschaft die heutigen indoarischen und iranischen Sprachen "arisch". (...)
Im 18. Jh. verglich Sir William Jones die Göttervorstellungen der Ägypter, Inder, alten Griechen und Römer miteinander. Er fand bemerkenswerte Ähnlichkeit in der Mythologie und des Kultes dieser Völker. Er erkannte als erster die Verwandtschaft der klassischen Sprache der Brahmanen und Sanskrit mit dem Griechischen, Lateinischen, Gotischen und Keltischen. William Jones verwandte den Begriff "Arisch" für sämtliche Sprachen der Indogermania. (...)
Heute gilt die sprachgenetische Verwandtschaft von Latein und den romanischen Sprachen, den germanischen Sprachen, den keltischen Sprachen, den slawischen Sprachen, den baltischen Sprachen, der griechischen Sprache sowie den Sprachen Albaniens, Armeniens, Persiens und Nordindiens als nachgewiesen."

Arisch waren somit seinerzeit auch viele Feinde Hitlerdeutschlands (England, Frankreich, Polen, Russen!), aber nicht alle Freunde (Ungarn und Finnen gehören nicht zur "arischen" Sprach- und Völkergruppe!), darum wurde alsbald aus den "Ariern" das "deutsche oder artverwandte Blut".

Was kein geringer Blödsinn war, weil was ist ein "deutsches Blut"? Im Brockhaus 1937, findet man weder unter Blut, deutsches, noch unter deutsches Blut einen Eintrag. Unter dem Stichwort "Blutschutzgesetz" werden wir fündig, aber wieder nix: Blutschutzgesetz, Abkürzung für Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre, das auf dem Reichsparteitag der Freiheit in Nürnberg am 15. Sept. 1935 vom Reichstag beschlossen worden ist. Es dient der Reinerhaltung des deutschen Blutes und verbietet den Juden 1) die eheliche und außereheliche Rassenmischung mit Staatsangehörigen deutschen Blutes, 2) das Halten deutschblütiger weiblicher Hausangestelltrer unter 45 Jahren, 3) das Zeigen der deutschen Flagge. Was denn dieses "deutsche Blut" ist oder sein soll, steht auch hier nicht! Und unter dem Stichwort "Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" wird wieder nur auf das "Blutschutzgesetz" zurückverwiesen.

Deutsches Blut? Ein ewiges Rätsel? Die Lösung wurde verordnet:
Die Regel für das "deutsche Blut" lautete: "Deutschblütig“ bzw. "deutschen oder artverwandten Blutes ist, wer der nordischen, fälischen, dinarischen, westischen, ostischen oder ostbaltischen Rasse oder einer Mischung dieser Rassen angehört. Dies wird im Allgemeinen bei den Angehörigen der Völker, die in Europa geschlossene Siedlungen bewohnen, und bei ihren artreinen Abkömmlingen in außereuropäischen Ländern der Fall sein.“
Was aber diese angeblichen Rassen (nordisch, fälisch, dinarisch usw.) sein sollten, war praktisch undefinierbar, auch wenn diese einzelnen "Rassen" von den NS-Rassekundlern beschrieben wurden, z.B. die "nordische Rasse" als geradnasig, hellhaarig, großgewachsen, die "fälische Rasse" als "kastenförmig“ (groß und breit) oder die "ostische Rasse" als "klein, breit und rund". Man wird selbst unter Geschwistern Leute finden, die man nach den unten angeführten Merkmalen verschiedenen dieser "Rassen" zuordnen könnte. Das war keine "Rassenlehre", sondern politische Hühnerzucht oder züchterisches Kartenlegen.

Ein berühmtes Beispiel dazu lieferte Sally Perel, der "Hitlerjunge Salomon", der aus einer jüdischen Familie stammte und im Chaos des "Ostfeldzuges" als angeblicher volksdeutscher Waise sogar in eine HJ-Schule aufgenommen wurde. Dort wurde im Unterricht auch seine "Rasse" untersucht und er als typisches Beispiel der "ostbaltischen Rasse" vorgeführt.


Perel links als deutschblütiger HJler Jupp, rechts als israelischer Salomon

Im Gebiet des "Großdeutschen Reiches" hatten über die Jahrtausende Kelten, Germanen, Römer, Slawen, Hunnen, Awaren und weiß der Teufel was noch für Völkerstämme, ständig oder zeitweise gelebt und ihre genetischen Spuren hinterlassen. Es gab blonde, rote, braune, schwarze Haare (und Glatzköpfe), blaue, graue, grüne, braune, schwarze Augen, ganz bleiche Bleichgesichter, Sonnengebräunte, südländisch Pigmentierte, Leute mit gerade Nasen, mit Hakennasen, mit gebogenen Nasen, mit gebrochenen Nasen, mit kleinen Ohren, mit großen Ohren, mit Blumenkohlohren, mit Kropf und ohne Kropf, mit O-Beinen, mit X-Beinen, Dicke, Dürre, Kleine, Große, Dumme, Kluge ...
Von einer "Reinerhaltung des deutschen Blutes" zu reden und gleichzeitig alle in der obigen Tabelle aufgezählten Varianten diesem "Blut" zuzurechnen, würde z.B. ein Züchter von Hauskatzenrassen nicht zu tun wagen.


das Vermessen von Proportionen gehörte
zur rassenkundlichen NS-Wissenschaft


Die europäischen Rassen laut Brockhaus-Lexikon aus der Nazi-Zeit, es handelt sich dabei um folgende "Rassen":
Bild 1: Nordische Rasse (Schwede), Bild 2: Nordische Rasse (Dithmarschen), Bild 3: Fälische Rasse, Bild 4: Dinarische
Rasse (Schwarzwald), Bild 5: Dinarische Rasse (Bayern), Bild 6 und Bild 7: Ostische Rasse, Bild 8: Ostbaltische Rasse,
Bild 9: Westische Rasse, Bild 10: Lappin, Bild 11: Jüdin vorderasiatischer Rasse, Bild 12: Jude orientalischer Rasse

Zwangssterilisationen

Neben der rassistischen Betrachtung der Menschenzucht spielte die "Erbgesundheit" eine wesentliche Rolle.
Für Behinderungen wurden in hohem Ausmaß Erbkrankheiten vermutet. Heute weiß man durch die Erforschung der menschliche Gene mehr darüber. Genschäden bei einem Elternteil werden in der Regel durch das ungeschädigte Gen des anderen Teils ausgeglichen, dieser Umstand war ja in der Entwicklung der Lebewesen ein wesentliches Element für die Durchsetzung der geschlechtlichen Fortpflanzung, die eingeschlechtliche Vermehrung hatte keine Möglichkeit zur Reparatur der zu vererbenden Baupläne. Behinderungen haben in einem relativ geringen Prozentsatz ihre Ursache in der Vererbung, weitaus häufiger sind Krankheiten oder Unfälle die Ursachen dafür. In der NS-Zeit glaubte man eine Methode zur "Ausmerzung" gefunden zu haben, man sterilisierte Personen, die als Träger von "Erbkrankheiten" verdächtig schienen. Schon 1933 wurde das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" erlassen:

Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933.
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1 (1) Wer erbkrank ist, kann durch chirurgischen Eingriff unfruchtbar gemacht (sterilisiert) werden, wenn nach den Erfahrungen der ärztlichen Wissenschaft mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß seine Nachkommen an schweren körperlichen oder geistigen Erbschäden leiden werden.
(2) Erbkrank im Sinne dieses Gesetzes ist, wer an einer der folgenden Krankheiten leidet:
1. angeborenem Schwachsinn,
2. Schizophrenie,
3. zirkulärem (manisch-depressivem) Irresein,
4. erblicher Fallsucht,
5. erblichem Veitstanz (Huntingtonsche Chorea),
6. erblicher Blindheit,
7. erblicher Taubheit,
8. schwerer erblicher körperlicher Mißbildung.
(3) Ferner kann unfruchtbar gemacht werden, wer an schwerem Alkoholismus leidet.
§ 2 (1) Antragberechtigt ist derjenige, der unfruchtbar gemacht werden soll. Ist dieser geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche entmündigt oder hat er das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist der gesetzliche Vertreter antragsberechtigt; er bedarf dazu der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. In den übrigen Fällen beschränkter Geschäftfähigkeit bedarf der Antrag der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Hat ein Volljähriger einen Pfleger für seine Person erhalten, so ist dessen Zustimmung erforderlich.
(2) Dem Antrag ist eine Bescheinigung eines für das Deutsche Reich approbierten Arztes beizufügen, daß der Unfruchtbarzumachende über das Wesen und die Folgen der Unfruchtbarmachung aufgeklärt worden ist.
(3) Der Antrag kann zurückgenommen werden.
§ 3 Die Unfruchtbarmachung können auch beantragen
1. der beamtete Arzt,
2. für die Insassen einer Kranken-, Heil- oder Pflegeanstalt oder einer Strafanstalt der Anstaltsleiter.
§ 4 Der Antrag ist schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftstelle des Erbgesundheitsgerichts zu stellen. Die dem Antrag zu Grunde liegenden Tatsachen sind durch ein ärztliches Gutachten oder auf andere Weise glaubhaft zu machen. Die Geschäftsstelle hat dem beamteten Arzt von dem Antrag Kenntnis zu geben.
(...)
§ 12 (1) Hat das Gericht die Unfruchtbarmachung endgültig beschlossen, so ist sie auch gegen den Willen des Unfruchtbarzumachenden auszuführen, sofern nicht dieser allein den Antrag gestellt hat. Der beamtete Arzt hat bei der Polizeibehörde die erforderlichen Maßnahmen zu beantragen. Soweit andere Maßnahmen nicht ausreichen, ist die Anwendung unmittelbaren Zwanges zulässig.
(...)
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1934 in Kraft.

Das Gesetz war also so formuliert, als sei es die Regel, dass sich "Erbkranke" freiwillig selbst sterilisieren ließen, in der Praxis fand klarerweise überwiegend der § 3 (in Verbindung mit §12) Anwendung.
Opfer von Zwangssterilisationen waren nicht nur die oben angeführten "Erbkranken", sondern auch (kinderreiche) "Zigeuner" (Roma und Sinti), "Arbeitsscheue und Asoziale", Unterschichtangehörige, die in desolaten Verhältnissen lebten und Schüler mit sehr begrenztem Lernerfolg. Die Auslegung des Gesetzes betraf sogar Personen, die man verdächtigte, "besonders unwirtschaftlich und hemmungslos" zu sein, "weder einen geordneten Haushalt" führen, "noch Kinder zu brauchbaren Volksgenossen" erziehen zu können.
Den sterilisierten Frauen war die Verehelichung mit fortpflanzungsfähigen Männern grundsätzlich untersagt.
Ab 1936 wird von den Standesämtern die "Ehetauglichkeit" der Brautpaare überprüft, wenn diese oder Verwandte von ihnen erbbiologisch vorgemerkt sind, wird von der Gesundheitsbehörde eine Überprüfung durchgeführt. Dazu werden "Sippentafeln" angelegt und "Erbewerte" ermittelt, die benötigten Angaben dafür werden durch Anfragen bei Behörden, Krankenhäusern, Pflegeanstalten und der zuständigen NSDAP-Ortsgruppe*) eingeholt. Fällt das Gutachten negativ aus, wird die Verehelichung verweigert (heute wäre das Betroffenen wohl meist egal, aber es darf nicht vergessen werden: uneheliche Lebensgemeinschaften hatten damals in der Gesellschaft einen sehr negative Nimbus).
*) Der unterste Funktionär der staatlichen Leiterhierarchie, der NSDAP-Blockleiter, betreute, dirigierte und überwachte nicht nur rund 20 Parteigenossen, sondern auch um die 50 Haushalte, der Blockwart war also auf Grund seiner Vertrautheit mit seinem Funktionsbereich auch eine Art Zuchtwart.


so sah ein Sterilisationsbescheid für "Erbgesundheitskranke" aus

In KZs werden an weiblichen Häftlingen billige Methoden zur Massensterilisation erprobt, beispielsweise mit Einspritzungen von Bariumsulfat oder Formalin, was nicht die gewünschten Erfolge hat. 1942 ersinnt man die Methode, durch die Anwendung von Röntgenstrahlen diesen preisgünstigen Masseneffekt erzielen zu können, damit könnten einige Millionen Juden sterilisiert und trotzdem als Sklavenarbeiter erhalten bleiben. Ein Erfolg für die Nazis ist auch diese Methode nicht, die Opfer erleiden schwere, nur langsam heilende Verbrennungen, die Unsicherheit, ob damit arbeitsfähige Unfruchtbare erzeugt werden können und die hohen Anschaffungskosten für die Röntgenanlagen, lassen auch diese Methode nicht zum geplanten Masseneinsatz kommen.
Insgesamt wurden bis 1945 mehr als 400.000 Menschen sterilisiert. In der BRD wurden diese Menschen erst 1968 als NS-Opfer anerkannt und ihnen eine geringfügige Rente gewährt.

Dass im NS-System bereits existierenden Behinderten das Recht auf Leben abgesprochen wurde, ist eines der weiteren Verbrechen dieses Systems, siehe Euthanasie.

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"Rassenschande"

Mit den Nürnberger Gesetzen vom 15. September 1935 (Reichsbürgergesetz und Blutschutzgesetz) wurde Bürgerinnen und Bürgern jüdischer Religionszugehörigkeit das Staatsbürgerschaftsrecht entzogen und die Eheschließung zwischen Staatsangehörigen "deutschen oder artverwandten Blutes" und Menschen, die als "Juden" definiert wurden, verboten, ferner auch der außereheliche Verkehr zwischen Juden und Nichtjuden verboten und strafbar gestellt.

Das Gesetz hieß "Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre" und hatte folgenden Wortlaut:
Durchdrungen von der Erkenntnis, daß die Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des Deutschen Volkes ist, und beseelt von dem unbeugsamen Willen, die Deutsche Nation für alle Zukunft zu sichern, hat der Reichstag einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§1 (1) Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten. Trotzdem geschlossene Ehen sind nichtig, auch wenn sie zur Umgehung dieses Gesetzes im Ausland geschlossen sind.
(2) Die Nichtigkeitsklage kann nur der Staatsanwalt erheben.
§2 Außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes ist verboten.
§3 Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren in ihrem Haushalt nicht beschäftigen.
§4 (1) Juden ist das Hissen der Reichs- und Nationalflagge und das Zeigen der Reichsfarben verboten.
(2) Dagegen ist ihnen das Zeigen der jüdischen Farben gestattet. Die Ausübung dieser Befugnis steht unter staatlichem Schutz.
§5 (1) Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, wird mit Zuchthaus bestraft.
(2) Der Mann, der dem Verbot des § 2 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis oder mit Zuchthaus bestraft.
(3) Wer den Bestimmungen der §§ 3 oder 4 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.
§6 Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers und dem Reichsminister der Justiz die zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.
§7 Das Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung, §3 jedoch erst am 1. Januar 1936 in Kraft.
Nürnberg, den 15. September 1935 am Reichsparteitag der Freiheit.
Der Führer und Reichskanzler, Adolf Hitler
Der Reichsminister des Innern, Frick
Der Reichsminister der Justiz, Dr. Gürtner
Der Stellvertreter des Führers, R. Heß, Reichsminister ohne Geschäftsbereich

Ausführungsbestimmungen konkretisierten und erweiterten das "Blutschutzgesetz":
Die erste Ausführungsverordnung erweiterte in §2 das in §1 des Blutschutzgesetzes enthaltene Verbot der Eheschließung zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes auch auf jüdische Mischlinge mit nur einem volljüdischen Großelternteil: Die Eheschließung sogenannter jüdischer Mischlinge ersten Grades mit Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes oder mit jüdischen Mischlingen zweiten Grades wurde nach §3 von einer Genehmigung des Reichsministers des Innern und des Stellvertreters des Führers oder der von ihnen bestimmten Stelle abhängig gemacht. Eheschließungen sollten nach §4 ferner nicht stattfinden zwischen staatsangehörigen jüdischen Mischlingen zweiten Grades und nach §6 auch dann nicht, wenn aus einer Ehe eine die Reinerhaltung des deutschen Blutes gefährdende Nachkommenschaft zu erwarten sei. Mit §11 wurde auch der außereheliche Verkehr zwischen Juden und staatsangehörigen jüdischen Mischlingen zweiten Grades unter Strafe gestellt. §12 erläuterte das Verbot der Beschäftigung nichtjüdischer weiblicher Personen unter 45 Jahren in jüdischen Haushalten. Danach war ein Haushalt jüdisch, wenn ein jüdischer Mann Haushaltungsvorstand war oder der Hausgemeinschaft angehörte.

Beschlossen wurde gleichzeitig auch das "Reichsbürgergesetz", das ebenfalls "deutsches Blut" vorschrieb:
Der Reichstag hat einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§1 (1) Staatsangehöriger ist, wer dem Schutzverband des Deutschen Reichs angehört und ihm dafür besonders verpflichtet ist.
(2) Die Staatsangehörigkeit wird nach den Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes erworben.
§2 (1) Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen.
(2) Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichsbürgerbriefes erworben.
(3) Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe der Gesetzes.
§3 Der Reichsminister des Innern erläßt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers die zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

Die Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz brachte in den §§2 und 5 die Bestimmung, wer als Jude bzw. jüdischer Mischling anzusehen war.
§2 Abs.2 besagt:
Jüdischer Mischling ist, wer von einem oder zwei der Rasse nach volljüdischen Großelternteilen abstammt, sofern er nicht nach §5 Abs.2 als Jude gilt. Als volljüdisch gilt ein Großelternteil ohne weiteres, wenn er der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat.
§5 hat folgenden Wortlaut:
(1) Jude ist, wer von mindestens drei der Rasse nach volljüdischen Großeltern abstammt. §2 Abs.2 Satz 2 findet Anwendung.
(2) Als Jude gilt auch der von zwei volljüdischen Großeltern abstammende staatsangehörige jüdische Mischling,
a) der beim Erlass des Gesetzes der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat oder danach in sie aufgenommen wird,
b) der beim Erlass des Gesetzes mit einem Juden verheiratet war oder sich danach mit einem solchen verheiratet,
c) der aus einer Ehe mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15.September 1935 (RGBl. I S.1146) geschlossen ist,
d) der aus dem außerehelichen Verkehr mit einem Juden im Sinne des Absatzes 1 stammt und nach dem 31.Juli 1936 außerehelich geboren wird.

Die Durchführungsverordnung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom April 1933 bestimmte: "Als nicht arisch gilt, wer von nicht arischen, insbesondere jüdischen Eltern oder Großeltern abstammt. Es genügt, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil nicht arisch ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Elternteil oder ein Großelternteil der jüdischen Religion angehört hat."
Der Nachweis der arischen Abstammung erfolgte durch die Vorlage von 7 Geburts- oder Taufurkunden (des Probanden, der Eltern und der vier Großeltern) sowie 3 Heiratsurkunden (der Eltern und Großeltern). Ersatzweise konnte ein beglaubigter Ahnenpass oder eine beglaubigte Ahnentafel vorgelegt werden.
Nach 1933 wurde der Personenkreis, der den Nachweis der "arischen Abstammung" für die Großeltern zu erbringen hatte, u. a. auf alle Angestellten und Arbeiter des Reiches und der Gemeinden, auf Ärzte, Juristen und Schüler höherer Schulen ausgedehnt.
Das Reichserbhofgesetz und die Aufnahmebedingungen der NSDAP verlangten sogar den Nachweis der "rein arischen Abstammung" - auch für den Ehepartner - bis zum Jahre 1800, die SS ging bis 1750 zurück.

Als Definition für den Status der Vorfahren musste allerdings alleine das Glaubensbekenntnis herhalten. Da auch Großeltern schon aus Konvertiertenfamilien stammen konnten, war der "kleine Ariernachweis" für viele Bereiche zu wenig, man benötigte den o.a. "großen Ariernachweis". Wie abstrus das Ganze war, zeigt eine Anekdote aus dem Rheinland: In einer Ortschaft wurde die gesamte Bewohnerschaft abstammungsmäßig erforscht. Da in diesem Ort schon seit langer Zeit eine jüdische Minderheit lebte, die sich zudem stark assimiliert hatte, erbrachte das Resultat, dass praktisch fast der gesamte Ort "jüdisch versippt" war. Als Reaktion folgte ein Verbot, weitere solche "Forschungen" durchzuführen. So genau wollte man es dann doch nicht wissen ...

Das neu erfundene Delikt hieß "Rassenschande". Bei Eheschließungen setzten sich beide Beteiligte einer Bestrafung aus, bei außerehelichem Verkehr, nur der Mann. Was bedeutete, dass bei einem Verkehr zwischen einem Juden und einer Nichtjüdin der Jude, bei einem Verkehr zwischen einem Nichtjuden und einer Jüdin der "Arier" bestraft wurde.
In der Praxis waren allerdings Nichtjüdinnen, die sich mit einem Juden "eingelassen" hatten, ebenfalls häufig diversen Verfolgungen ausgesetzt, wie öffentliches Anprangern, "ich bin am Ort das größte Schwein und lass mich nur mit Juden ein" oder mit der Behandlung als "asozial", was die Einweisung ins KZ bedeuten konnte.


Rassenzuchtübersicht auf einem NS-Schaubild

Die Anwendung der Nürnberger Gesetze wurde gemäß der Ausführungsbestimmungen auch auf "Zigeuner" und "Neger" ausgeweitet, während des Krieges folgten als Opfer auch durchaus "arische" Ausländer. Etwa wurden Verhältnisse zwischen polnischen Arbeitskräften und "deutschblütigen" Frauen entsprechend bestraft, obwohl die Polen nach den Definitionen der Nazis "artverwandtes Blut" (etwa als "ostbaltische Rasse") hätten sein müssen.

Bestehende "Mischehen"
Weniger stringent verhielt man sich bezüglich der bereits bestehenden Ehen zwischen "Deutschblütigen" und "Judenstämmigen". Da im orthodoxen Judentum Verehelichungen nur innerhalb der Glaubensgemeinschaft gestattet waren, existierten diese "Mischehen" im Bereich der Assimilierten, die zur religiösen Gemeinschaft keine oder nur geringe Bezüge hatten. Was auch dazu führte, dass dieser Personenkreis in der Gesellschaft integriert, also weit hinaus über die Bezüge in der Glaubensgemeinschaft sozial verbunden war. Ein auf gleiche Weise nachdrückliches Vorgehen gegen diesen Personenkreis wie gegen die Glaubenjuden unterblieb, weil man in NS-Kreisen befürchtete, dass damit unter den "Ariern" Missstimmung und solidarisches Verhalten mit den Verfolgten hervorgerufen werden könnte.
1933 gab es ungefähr 35.000 "Mischehen" zwischen "Ariern" und "Juden", von Göring wurde 1938 dazu in einem Schreiben an das Innenministerium festgelegt: eine "privilegierte Mischehe" bestand, wenn aus der Ehegemeinschaft zwischen dem "jüdischen und dem deutschblütigen" Teil eheliche Kinder entstammten und die Familie keine Verbindung zur jüdischen Kultusgemeinde pflegte. Eine kinderlose Mischehe war nur dann privilegiert, wenn die Ehefrau Jüdin war. Falls der Ehemann als Jude galt, wurde eine kinderlose Mischehe nicht privilegiert. Juden in einer "privilegierten Mischehe" mussten den 1941 eingeführten Judenstern nicht tragen und waren auch anderen Einschränkungen nicht unterworfen, vor allem blieben sie bis 1945 vor der Deportation bewahrt und überlebten somit in der Ehegemeinschaft die NS-Zeit. Auf der berüchtigten "Wannsee-Konferenz" über die "Endlösung der Judenfrage" im Jänner 1942 wurde die Frage von "Mischehen und Mischlingen" auf die Zeit nach Kriegsende vertagt.

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Homosexualität

Homosexuelle wurden seinerzeit nicht nur in Nazideutschland, sondern in den meisten Ländern der Erde wegen ihrer sexuellen Orientierung verfolgt. Wohl eine Folgerung der jüdisch-christlichen Lehre, denn in Levitikus 18, 22 heißt es "Und bei einem Mann sollst du nicht liegen, wie man bei einer Frau liegt: es ist ein Gräuel", im Vers 29 wird die Strafe dafür angeführt: "Denn welche diese Gräueln tun, deren Seelen sollen ausgerottet werden von ihrem Volke." Die Ausrottung der Seelen war in den christlichen Staaten nicht mehr üblich - die Aufklärung hatte mäßigend auf die christlichen Anschauungen gewirkt, darum sperrte man Homosexuelle nur mehr ein - die Abschaffung der gegen die Homosexualität gerichteten Paragrafen erfolgte in vielen Staaten erst lange nach dem 2. Weltkrieg.

In der NSDAP spielte Homosexualität eine nicht unbedeutende Rolle. Ernst Röhm, Duz-Freund Hitlers, seit der Frühzeit der NSDAP aktiv dabei, 1930 zum Führer der Sturmabteilung bestellt, war homosexuell und umgab sich mit einem auch sexuell gleichgesinnten Mitarbeiterstab. Spätestens seit 1931 war dieser Umstand öffentlich bekannt, die sozialdemokratische "Münchner Post" schrieb am 22. Juni dieses Jahres:

Ernst Röhm stand deswegen im Juli 1931 vor Gericht, das Verfahren verlief im Sande, Hitler stand zu ihm. Allerdings wurden von den Gegnern der NSDAP nunmehr verstärkt nicht nur die Gewalttätigkeiten der SA, die Alkoholexzesse, die Protzereien der SA-Führung, sondern auch die sexuelle Orientierung angeprangert. Magnus Hirschfeld (1868 - 1935), der 1919 in Berlin das Institut für Sexualwissenschaft eröffnet und in dieser Einrichtung Material sammelt, das seine Theorie von der Natürlichkeit der Homosexualität stützt, war als Jude keine Hilfe für die NSDAP, auch die Linksparteien stehen damals den "Warmen" nicht ohne Vorurteile gegenüber (der KPD-nahe Bert Brecht spottet in einem Lied: "Es ist ein langer Weg zum Dritten Reiche - Ein bisschen Liebe macht ihn halb so schwer - Es ist ein hoher Baum die deutsche Eiche - Und kameradschaftlich sei der Verkehr). Die Neue Weltbühne meinte in einem Kommentar noch im Dezember 1934: "Wenn Herr Hitler alle Parteifunktionäre verhaften und erschießen ließe, die für männliche Schönheit Verständnis haben, würden die Krematorien Deutschlands nicht ausreichen."

Die Organisationen der Nazis waren Männerbünde, auch wenn es in der NSDAP und sogar in der SS (Wächterinnen in Frauen-KZs) Frauen gab. NSDAP, SA, SS, HJ zogen von der Natur ihrer Struktur - ähnlich wie die katholische Kirche - Homosexuelle an. Besonders "männliches", sadomasochistisches Gehabe, wie es auch von manchen Homosexuellen an den Tag gelegt wird, deckte sich mit Vorstellungen aus den rechtsextremen Welten. Klarerweise werden sich so ausgerichtete Homosexuelle eher nicht outen, weil in rechtsextremen Kreisen ja gleichzeitig homosexuelles Verhalten als unmännlich, als pervers, als widernatürlich gilt.
Die Homosexuellen in der SA agierten als frauenverachtende, gewaltbereite Kämpfer, die in einer strengen (sadomasochistischen) Gemeinschaft miteinander verbunden waren und es der Welt zeigen wollten. Ihre sexuelle Orientierung und ihre politischen Anschauungen waren damals unmöglich öffentlich auf einen Nenner zu bringen. Daher war die Übertreibung, Übersteigerung des kämpferisch-männlichen Bildes die Methode der Selbstbestätigung.


das NS-System bot immer und überall:
stramme Burschen und Männer mit aufgerichteten Fahnen

Heute ist in unseren Breiten Homosexualität weitgehend strafrechtlich nicht mehr beschränkt, allerdings besteht immer noch Vorurteil und Ablehnung. Auch unter den Rechtsextremen der Gegenwart existieren Menschen, die homosexuell sind, sie sehen sich wohl ähnlich als "Kämpfernaturen" wie Angehörige von Röhms SA. Darum wird unter Neonazis der Gegenwart auch für Röhm argumentiert: Der 36-jährig 1991 an Aids verstorbene deutsche Neonazi-Führer Michael Kühnen hatte versucht, die von Schwulen durchsetzte nationale Bewegung in der BRD zu retten und verfasste die Schrift "Nationalsozialismus und Homosexualität", in der er zu dem Schluss kam, dass die männliche Homosexualität "weit davon entfernt ist, eine perverse Entartung zu sein, sondern tatsächlich erst die Kultur- und Staatswerdung der Gattung Mensch ermöglicht", die Kultur- und Staatswerdung beruhe auf ordensähnlichen, männerbündischen Prinzipien; die sexuelle Betätigung der Volksgenossen entspringe der liebevollen Hingabefähigkeit an die Gemeinschaft des nationalen Volkes und stehe nicht im Widerspruch zum neuen Nationalsozialismus. Eine Aussage eines Gesinnungsfreundes darüber: "Mir ist es relativ egal, ob jetzt ein paar Männer homo sind oder nicht. Solange sie für das Volk kämpfen, ist es in meinen Augen okay. Viel viel schlimmer finde ich es, wenn Männer, die unser Volk vermehren könnten, mit irgendwelchen andersrassigen Frauen abdüsen."


nur durch die Zeit getrennt: Ernst Röhm - Michael Kühnen

Bekanntlich wurden Röhm und seine Leute Ende Juni 1934 von der SS erschossen, Hitler behauptete, die Gruppe hätte einen Putsch vorbereitet und deren Ausschaltung einen Bürgerkrieg verhindert. Nun wurde offiziell auch die Homosexualität Röhms und seiner Freunde angeprangert. Die Morde passierten allerdings weder wegen eines drohenden Putsches, noch wegen geschlechtlicher Ausrichtungen in der SA-Führung, sondern weil Hitler die Führung der deutschen Reichswehr für seine Kriegspläne gewonnen hatte und die SA-Milizen als Störelement wirkten. Als Instrument für die "Machtergreifung" hatte die Sturmabteilung ihre Rolle erfüllt, als Konkurrenz zur - damals aufgrund des Friedensvertrages auf 100.000 Mann beschränkten - Reichswehr ist die Parteimiliz unerwünscht. Röhms Streitmacht war ja - mit um die vier Millionen SA-Leuten - weitaus stärker, die von ihm gewünschte Fusion von Reichswehr und SA zu einer Art Volksmiliz hätte Röhm in eine für Hitler und die Militärs völlig unakzeptable Machtposition gebracht.

Als selbst ernannter Gestalter eines neuen Deutschlands verstand sich Hitler auch als moralische Instanz. Darum wurde nunmehr Homosexualität - ganz im Sinne des sonstigen Vorgehens der Nazis gegen abweichendes Verhalten - zu einem Verhalten, das nicht nur verachtet und geächtet wurde, das nicht nur als "Unzucht wider die Natur" mit Haftstrafen bedroht war, sondern das als Verbrechen gesehen wurde, das auch den Tod verdienen könne. Nach der Ermordung der SA-Führung befahl Hitler die Ausrottung der homosexuellen "Pestbeule", er werde es nicht dulden, dass Millionen anständiger Menschen durch einzelne krankhaft Veranlagte belastet und gedemütigt würden.

Es folgten unter großem propagandistischen Aufwand Strafmaßnahmen gegen Homosexuelle in der Partei, der SS, im NS-Studentenbund, in der Hitlerjugend und auch in der Wehrmacht. Ein eigenes Ziel war die katholische Kirche, die klarerweise auch damals ein Hort für Homosexuelle war, wie heute konnten Schwule, die sich nicht zu ihrer sexuellen Ausrichtung bekennen wollten, ins Zölibat flüchten. Während des Krieges wurden die Strafbestimmungen für Homosexuelle in Wehrmacht, Polizei und SS weiter verschärft und direkt mit der Todesstrafe bedroht.

Zivile "Warme" hatten nicht nur mit Haftstrafen, sondern bald auch mit Einweisung in Konzentrationslager zu rechnen, wo sie als Träger des "rosa Winkels" zusätzlich gedemütigt wurden, weil im Bewusstseinsstand der Menschen damals auch unter KZ-Häftlingen vielfach Ablehnung gegenüber dieser sexuellen Orientierung bestand. Über 10.000 Männer wurden als Homosexuelle in KZs eingeliefert, wovon mindestens 6.000 umkamen. Lesbische Liebe war im 3. Reich nicht verboten, darum auch nicht strafbar, trotzdem konnten homosexuelle Frauen ebenfalls im KZ landen: als "Asoziale".

Die Anzahl von Homosexuellen in der Gesellschaft wird heute auf ein bis zehn Prozent geschätzt, wobei wegen der Einstufung "bisexuell" oder der Beurteilung von zufälligen, seltenen, einmaligen homosexuellen Kontakten diese Prozentangaben schwerlich genau zu bestimmen sind. Ausschließlich homosexuell Agierende dürften eher bei der Größenordnung von einem Prozent liegen. Was heißt, dass das Dritte Reich diese Ausrichtung auch mit Terrormaßnahmen nicht "in den Griff" bekam. Die Zahl deutscher Homosexueller ging auch damals in die Hunderttausende. Nach 1945: Die Anerkennung der verfolgten Homosexuellen als NS-Opfer gestaltete sich als zum Teil ergebnisloses jahrzehntelanges Abmühen, bis Ende der Sechzigerjahre blieb in der BRD Homosexualität strafbar, in Österreich wurde die Strafbarkeit homosexueller Handlungen erst in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts im Zuge der sozialdemokratischen Strafrechtsreform großteils aufgehoben.

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Prostitution

In der Weimarer Republik war Prostitution weitgehend legal gewesen. Bereits im Mai 1933 wird vom NS-Staat durch eine Gesetzesänderung der Straßenstrich verboten, nur in von den Polizeibehörden dafür deklarierten Bordellstraßen ist die Ausübung des "horizontalen Gewerbes" unter entsprechenden Beschränkungen weiterhin statthaft, so sind z.B. Salons mit Ausschank untersagt. Zur Eindämmung der Geschlechtskrankheiten ist die Verwendung von Kondomen zwingend vorgeschrieben, die Dirnen erhalten eine "Gesundheitskarte" und werden entsprechend kontrolliert. Frauen, die nicht als Prostituierte deklariert sind, aber durch häufig wechselnde Beziehungen auffallen, erhalten in den Polizeiakten die Kennung "hwg" (häufig wechselnder Geschlechtsverkehr) und werden als "moralisch schwachsinnig" angesehen, was Haft, Entmündigung und Sterilisation bedeuten kann, auch registrierte Prostituierte sind von solchen Maßnahmen bedroht.

Während des Krieges sind die deutschen Soldaten oft monatelang von daheim abwesend. Soldaten in fremden Ländern der einschlägigen eigenen Initiative zu überlassen, bedeutet die Gefahr der Ausbreitung von Infektionen zu ignorieren. Trotz strenger Maßnahmen der Wehrmachtsführung ziehen sich im Laufe des Krieges ungefähr zehn Prozent der Soldaten Geschlechtskrankheiten (Tripper, Schanker, Syphilis) zu, ohne die heutigen Antibiotika waren das damals schwer zu behandelnde Krankheiten. Daher erscheint die Einrichtung von Wehrmachtsbordellen als Notwendigkeit, die Feldkommandanten können solche Einrichtungen herstellen lassen, sie müssen für die entsprechenden hygienischen Ausstattungen Sorge tragen und setzen die Preise fest. Die Truppenärzte sind für die Versorgung mit Reinigungsmitteln, Handtüchern und Kondomen zuständig. Obwohl es bei Gummi, einem Importprodukt, häufig Engpässe gibt, so sind etwa Fahrradbereifungen sehr schwer zu bekommen, gehen Schutzgummis bis Kriegsende nicht aus.


die Militärbürokratie regelte auch den Puffbesuch

Die Dirnen in den Militärpuffs werden in den besetzten Ländern aus der einheimischen Bevölkerung rekrutiert.
In den westlichen Staaten kann auf die etablierten Liebesdienerinnen zurückgegriffen werden, die steigende Nachfrage sorgt auch für Nachwuchs an entsprechenden "Arbeitskräften". Im Osten, Polen und der UdSSR, erfolgte die Rekrutierung des "Puffpersonals" auch durch Zwang.
Die Prostituierten stehen unter strengem Reglement mit Kontrollnummer und Kennkarte, sie werden wöchentlich untersucht, zweimonatlich wird ein Abstrich gemacht. Die Bordellbesucher unterliegen einer Reihe von Vorschriften, diese Vorschriften sind auch im Bordell ausgehängt: Verkehr ohne Schutz ist streng verboten, die Prostituierte hat dem Besucher ein Kondom und eine Besucherkarte mit ihrer Kontrollnummer auszufolgen, der Soldat hat - zur Ermittlung einer etwaigen Infektionsquelle - die Besucherkarte zwei Monate aufzubewahren. Nach dem Puffbesuch muss sich der Soldat in der Sanitätsstube zur Kontrolle melden.
Dadurch konnten Infektionen natürlich auch nicht vermieden werden, Soldaten ließen sich häufig mit Geheim- oder Gelegenheitsprostituierten ein, was die Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten förderte.

Ein weiterer Aspekt: Millionen von Fremd- und Zwangsarbeitern wurden von den Nazis als Ersatz für die zum Wehrdienst Eingezogenen nach Deutschland gebracht, auch diese Männer hatten sexuelle Bedürfnisse, deren Auslebung nur insoferne geregelt war, dass für die allermeisten dieser Männer, Sexualverkehr mit deutschen Frauen verboten oder zumindest unerwünscht war. Ab 1941 wurden auf Anordnung von Reichsleiter Bormann auch in den Wohnlagern von ausländischen Arbeitern Bordelle eingerichtet, deren Benutzung zum Teil als Belohnung für geleistete Arbeit gewährt wurde. Gegen Ende 1943 bestanden in 60 Arbeitslagern Bordelle mit ca. 600 Prostituierten, weitere 50 waren im Bau. Die Anwerbung des Personals erfolgte in Frankreich und Polen, die Damen unterstanden der gleichen strengen Kontrolle wie in den Wehrmachtspuffs.

1941 fand SS-Führer Himmler bei einem Inspektionsbesuch in den KZs Mauthausen und Gusen die Arbeitsproduktivität der Häftlinge als zu gering. Um deren Arbeitsleistungen zu erhöhen, wurde ab 1942 in verschiedenen kriegswichtigen Bereichen für die Häftlinge ein fünfstufiges Prämiensystem eingeführt:
1. Hafterleichterung, 2. Verpflegungszulagen, 3. Geldprämien, 4. Tabakwarenbezug, 5. Bordellbesuch.
Im Juni 1942 erhielt das KZ Mauthausen das erste Häftlingsbordell des Großdeutschen Reichs. Rekrutiert wurden seine Insassinnen vor allem unter den "Asozialen" in den Frauenlagern, die vor ihrer Haft als Prostituierte gearbeitet hatten.

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Soldatenliebe

Deutsche Frauen als Opfer

Die Vergewaltigungen deutscher und österreichischer Frauen bei Kriegsende durch Soldaten der Roten Armee sind sozusagen im "kollektiven Gedächtnis" tief eingegraben. Verstärkt wurde dieses Bild dadurch, dass während des sowjetischen Vormarsches im Osten, sexuelle Übergriffe als Rache für die deutschen Verbrechen während der Besatzungszeit in der Sowjetunion von der Armeeführung toleriert wurden. Dazu kam der im Herbst 1944 in Flugblättern für die Rotarmisten veröffentlichte Aufruf des Schriftstellers Ilja Ehrenburg, in dem es u.a. hieß: "Tötet! Ihr tapferen Rotarmisten, tötet! Es gibt nichts, was an den Deutschen unschuldig ist, die Lebenden nicht und die Ungeborenen nicht! Folgt der Weisung des Genossen Stalin und zerstampft für immer das faschistische Tier in seiner Höhle. Brecht mit Gewalt den Rassenhochmut der germanischen Frauen! Nehmt sie als rechtmäßige Beute!" In der Folge wurde dies auch von der sowjetischen Führung als falsch und kontraproduktiv erkannt, am 14. April 1945 schrieb die Pravda, Ehrenburg würde "Abarten des Faschismus und Rassenhasses propagieren", aber diese Erkenntnis kam wohl etwas spät.
Meist heißt es in Berichten, die vorderste Front der Sowjetsoldaten war diszipliniert, Plünderungen und Vergewaltigungen blieben selten, die nachrückenden Truppen, die nicht mehr in die Kämpfe verwickelt waren, standen nicht unter Frontdisziplin - das Wort "Marodeur" wird im Fremdwörterbuch als "plündernder Nachzügler im Krieg" definiert. Die sowjetischen Marodeure wieder unter Kontrolle zu bringen, kostete die Führung der Roten Armee einige Anstrengung.
Für einige Wochen um das Kriegsende war die militärische Ordnung der Armee zum Teil verloren gegangen, Plünderungen und Vergewaltigungen wurden in den von Sowjettruppen besetzten Gebieten zum Alltag.
Die kurzzeitige Massenhaftigkeit der Vorfälle bestimmt bis in die heutige Zeit das Bild der Rotarmisten als plündernde (Uhren stehlende) Vergewaltiger. Es wird geschätzt, dass insgesamt bis zu zwei Millionen Frauen Opfer sexueller Übergriffe werden, dabei kommt es auch zu Morden an den Missbrauchsopfern, ebenso zu Selbstmorden.
In den Bereichen der Westalliierten waren Vergewaltigungen selten, aber auch hier passierten sie.
Die westlichen Besatzer fanden bald ausreichend Frauen, die sich mehr oder minder freiwillig ihnen zuwandten, damals sprach der Volksmund etwa von "Amihuren", was aber nicht tradiert wurde und darum im "kollektiven Gedächtnis" heute keine Rolle mehr spielt, seltsamerweise gilt dasselbe auch für "Russenhuren", es gab ja auch Frauen, die sich freiwillig mit Rotarmisten einließen. Das letztere wurde von der Armeeführung relativ bald gänzlich untersagt, während im westlichen Bereich Ehen zwischen Besatzungssoldaten und einheimischen Frauen recht häufig geschlossen wurden. Der Männermangel im ehemals großdeutschen Reich und die Aussicht im kriegsverschonten Amerika ein besseres Leben führen zu können, waren frauenseitig dafür deutliche Anreize.

Deutsche Besatzungssoldaten im Westen

Die deutschen Truppen in Frankreich, Dänemark, Norwegen und den Beneluxstaaten hatten nach dem Ende der Kämpfe im Jahr 1940 lange Zeit ein weitgehend friedvolles Leben als Besatzungssoldaten, man war nicht im Kampf und konnte sich hingebungsvoll auch mit "Wein, Weib und Gesang" befassen. Es liegt auf der Hand, dass in dieser Zeit nicht nur die Wehrmachtsbordelle und sonstige "Hurenhäuser" frequentiert wurden.
Seitens der deutschen Führung war es zum Teil erwünscht, dass Wehrmachtsangehörige sich mit der einheimischen Frauenwelt einließen, Freundschaften und Liebesverhältnisse hatten. In Norwegen waren beispielsweise rund 400.000 Besatzungssoldaten stationiert, das Land hatte damals etwa 3,2 Millionen Einwohner. Die "nordischen" Norwegerinnen waren als Sexualpartnerinnen für deutsche Soldaten sogar wünschenswert, Norwegerinnen, die Kinder von deutschen Vätern in die Welt setzten, erhielten von den deutschen Behörden finanzielle Zuwendungen, ja es wurden in Norwegen sogar Kinderheime der SS-Aktion "Lebensborn" eingerichtet. Auch in Frankreich waren Besatzungskinder als Folge der zahlreichen Liebschaften deutscher Besatzer keine Seltenheit, ein entsprechendes Heim wurde auch hier errichtet.


Lebensborn-Babys

Vergewaltigungen durch deutsche Soldaten sind in den westlichen "Feindstaaten" auch vorgekommen, meist im Zusammenhang mit Repressalien gegen Widerstandsgruppen, sexuelle Gewalt aus sozusagen "privater Initiative" stand unter Strafen, die auch verhängt wurden.
Nach Kriegsende wurden in den Weststaaten die ehemaligen Freundinnen deutscher Soldaten zum Teil schwer verfolgt, nicht nur durch das Kahlscheren und Anprangern, es gab sogar - besonders in Frankreich - Lynchjustiz.

Deutsche Soldaten in der Sowjetunion

Die Verhältnisse im Krieg mit der Sowjetunion waren grundlegend anders. Hier gab es während der Kriegszeit keine ruhige Zeit, die UdSSR wurde nicht besiegt, die deutschen Truppen waren keine Besatzungstruppen, sie standen ständig ihren Feinden gegenüber. Da die meisten Völker der Sowjetunion außerdem vom NS-System als "Untermenschen" eingestuft wurden, waren Liebesbeziehungen unerwünscht. Der Krieg im Osten wurde als "Vernichtungskrieg" geführt, Rücksicht auf die Zivilbevölkerung, auf Frauen und Kinder war nicht vorgesehen. Der sowjetische Außenminister Molotow prangerte 1942 öffentlich die "Schandtaten gegen die Frauenehre" an, die von deutschen Truppen begangen werden. Wenn ganze Dörfer als Terror- oder Vergeltungsmaßnahmen ausgerottet wurden, kam es auch immer wieder zu Vergewaltigungen.
Im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess waren Vergewaltigungen einer der von der UdSSR vorgebrachten Anklagepunkte. Im Prozessprotokoll heißt es dazu: Ein weiteres Zeugnis für die moralische Verkommenheit der Verbrecher sind die bestialischen Vergewaltigungen, die überall an Frauen verübt wurden. Ich zitiere die Note an der Stelle, die die Herren Richter auf der Seite 4 des Dokumentenbuches finden werden: "Die niederträchtigen Gewalttaten an Frauen und Mädchen erstreckten sich in den okkupierten Gebieten auf alle Orte. In dem ukrainischen Dorf Borodajewka, im Bezirk Dnjepropetrowsk, vergewaltigten die Faschisten alle Frauen und Mädchen. In dem Dorf Beresowka, im Bezirk Smolensk, vergewaltigten und verschleppten betrunkene deutsche Soldaten alle Frauen und Mädchen im Alter von 16 bis zu 30 Jahren. In der Stadt Smolensk eröffnete das deutsche Kommando in einem der Hotels ein Offiziersbordell, in das Hunderte von Mädchen und Frauen geschleppt wurden. Sie wurden an den Armen und an den Haaren gezerrt und erbarmungslos über das Pflaster geschleift. In allen Orten brechen die vertierten deutschen Banditen in die Häuser ein, vergewaltigen Frauen und Mädchen vor den Augen der Angehörigen und ihrer Kinder, verüben Schandtaten an den Vergewaltigten und metzeln ihre Opfer an Ort und Stelle bestialisch nieder." (...). (Nürnberger Prozess am 14. Februar 1946)

Im Jahr 1943 wurde auf einer Tagung der SS-Richter festgehalten, dass das strikte Verbot für SSler, sich mit "rassisch minderwertigen Frauen" einzulassen, häufig missachtet werde, "jeder zweite SS-Mann" würde sich deswegen strafbar machen, selbst die "Nürnberger Gesetze" würden nicht eingehalten. Durchgreifende Konsequenzen ergaben sich daraus nicht, selbst Vergewaltigungsstreifzüge von SS-Einheiten durch jüdische Ghettos in Polen blieben - obwohl "Rassenschande" - ungeahndet.

Freiwillige Beziehungen sind im Osten auch vorgekommen, wobei diese auch Teil des Partisanenkampfes sein konnten. Weibliche Komsomol-Mitglieder ("Kommunistitscheski Sojus Molodjoshi" - Kommunistischer Verband der Jugend), ließen sich mit kommandierenden deutschen Offizieren ein, um als Kundschafterinnen zu arbeiten oder - was auch immer wieder passierte - den Liebhaber umzubringen.

Über die sexuellen Übergriffe deutscher Soldaten im Osten gibt es vor Ort bis heute keine entsprechenden Untersuchungen. Für die dortigen Frauen waren sie eine Schande, über die man nicht spricht, außer den Dokumenten zum Nürnberger Prozess (siehe Auszug oben) liegen keine Unterlagen zu diesem Thema vor. Dass Rotarmisten 1945 als Vergewaltiger auftreten, ist geradezu ein schwerpunktmäßiges Hauptthema zum Zweiten Weltkrieg geblieben, deutsche "Vorbilder" dieser Vergewaltiger sind bis heute in Ost und West kein Thema.

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