Zuerst zu Adolf Hitler selbst: Geboren 20.4.1889 in Braunau, Vater Zollbeamter, Familie zieht häufig (dienstlich begründet) um, Hitler ist das 4. Kind in dritter Ehe (die drei älteren Vollgeschwister sind allerdings als Kleinkinder verstorben). Hitler besucht erfolglos die Realschule in Linz und Steyr, Vater stirbt, mit 18 geht Hitler nach Wien, Mutter stirbt, Hitler erhält bis 1911 kleine Waisenrente, lebt in Wien vom Erbteil des Vaters, von Zuwendungen einer Tante und schließlich als Ansichtskarten- und Aquarellmaler, fällt zweimal bei der Aufnahmeprüfung in die Malerakademie durch, lebt drei Jahre im Obdachlosenasyl Meldemannstraße, geht kaum einer geregelten Beschäftigung nach. In der NS-Zeit hatte ein Mensch mit ähnlichem Verhalten "gute Chancen" als so genannter "Asozialer" im KZ zu landen.


Wiener Straßenszene am Beginn des 20. Jahrhunderts


zwei Hitler-Bilder, berühmt wurde er mit seiner Kunst leider nicht


Männerwohnheim Meldemannstraße 27


Hitlers Meldezettel vom Männerwohnheim

In Wien wird Hitler mit dem "Völkergemisch" des Habsburgerreiches konfrontiert, ist ideologisch von Richard Wagner beeinflusst (häufiger Besuche von dessen Opern mit Handlungsaufbauten aus den germanischen Sagenkreisen ), wünscht den Untergang des Habsburgerreiches zur "Rettung des Deutschtums", beschäftigt sich mit künstlerischen, architektonischen und besonders politischen Ideen: Georg Ritter von Schönerer (1842 - 1921) und seine "Alldeutschen" folgten der Idee des Zusammenschlusses aller Deutschen in einem Großdeutschen Reich, ohne aber wesentliche politische Erfolge damit zu erreichen, diesen politischen Erfolg zeigt die geschickte Demagogie des christlich-sozialen Wiener Bürgermeisters Karl Lueger (1844 - 1910), der Antisemitismus und bürgernahe, populäre Bauwerke und Einrichtungen zu einem ungeheuren persönlichen Erfolg ausbaut.

Hitler wird in seinem späteren Ideengebäude des Nationalsozialismus die Seiten beider Richtungen, die ihm persönlich brauchbar erschienen (rassistische Ideologie, Rassenantisemitismus, Deutschnationalismus von Schönerer einerseits und geschickte Demagogie und publikumswirksame, pseudosozialistische Maßnahmen Luegers andererseits) verbinden und zum größten politischen Publikumserfolg des Jahrhunderts ausbauen.


die Begründer des Antisemitismus als Massenbewegung in Österreich: Lueger und Schönerer

In Berührung kam Hitler auch mit den deutschnational-germanisch-nordischen Schwärmern, Pseudo-Philosophen und Pseudo-Religionsgründern Liebenfels und List. Jörg Lanz von Liebenfels (richtig: Adolf Josef Lanz), ein ehemaliger Zisterziensermönch, gründete einen "Neutemplerorden" als "arisch-christliche" Bewegung gegen "Untermenschentum und Minderrassigkeit". Seine Propagandaschriften, die "Ostara''-Hefte, beinhalten den von den Nazis dann wirklich in Angriff genommenen Wahn, aus ausgesuchten "edelrassigen" Elternpaaren neue "Germanen" zu züchten. Hitler bezog nachweislich diese Hefte in seiner Wiener Zeit und hatte vermutlich auch direkten Kontakt mit Lanz, der übrigens auch das Hakenkreuz-Symbol (als Sonnenzeichen) für seinen "Orden" verwendete. Lanz erhielt nach dem "Anschluss" von 1938 Schreibverbot, zu abstrus waren seine Spinnereien, die den jungen Hitler beeinflusst hatten, Hitler wollte augenscheinlich als erfolgreicher großdeutscher Politiker nicht damit in Zusammenhang gebracht werden. Lanz beklagte sich im Freundeskreis, Hitler habe ihm die Ideen gestohlen.

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Adolf Josef Lanz (1874-1954),
daneben das Titelbild der Nr. 37 der Ostara-Hefte: mit Hakenkreuz


OSTARA-Werbespruch (Ostara = germanische Frühlingsgöttin)

Das zweite Produkt germanischen Okkultismus aus Wien existiert angeblich sogar heute noch: Die "Guido von List Gesellschaft", der "Armanen-Orden". Guido List war auch im Wien der Jahrhundertwende tätig, glaubte von den Geistern altgermanischer Ahnen (den "Armanen") beeinflusst zu sein und predigte eine "alt-arische" Religion, die auf den Wotans-Glauben zurückgeht. Hier war die Hochschätzung von angeblich besonders edlen und weisen Vorfahren, die nach einer "naturgesetzlichen Weltordnung" lebten, zu finden, die offenbar ebenfalls in der Rückgewandtheit vieler Teile der NS-ldeologie (Schaffung eines germanischen Reiches, Züchtung einer "reinen" germanischen Rasse) ihren Niederschlag fanden.

Der "nordische" Mensch, blond, blauäugig, groß und kräftig, war das Idealbild rassistischer Schwärmer gewesen. Dieses wurde von den Nationalsozialisten übernommen und propagiert (was im Volksmund zu dem Spruch führte: "Blond wie Hitler, groß wie Goebbels, schlank wie Göring", da der dunkelhaarige Hitler, der kleine, klumpfüßige Goebbels und der fettwanstige Göring diesem "nordischen Ideal" recht wenig entsprachen).

Man hat sogar versucht "germanische Ordensburgen" einzurichten, in denen ausgesuchte "Germaninnen" von ausgesuchten "nordischen" SS-Männern geschwängert, eine neue "germanische Rasse" heranzüchten sollten, die "Herrenmenschen" des kommenden "Tausendjährigen Reiches": "Aktion "Lebensborn", über die bis heute nicht allzuviel geforscht wurde, vorerst waren dies allerdings weniger wirkliche Zuchtanstalten, sondern Heime für ledige Mütter in denen tausende Kinder zur Welt gebracht und häufig zur Adoption freigegeben wurden.


das "Lebensborn"-Heim der "Ostmark" war in Pernitz (NÖ)

Siehe dazu auch: Sexualität im 3. Reich und zum Rassismus: NS-Rassenlehre!

Bis 1913 lebte Hitler als Maler von Stadtansichten und Gelegenheitsarbeiter in Wien, diese Zeit formte und prägte sein Weltbild. In Wien hatte sich vor allem auch durch Zuwanderung aus den östlichen Gebieten der Monarchie (Galizien) eine starke jüdische Minderheit etabliert, die sich in der Regel auch durch Tracht, Haltung und Sprache abhob, daher recht leicht zum Ziel fremdenfeindlicher Aversionen und Aggressionen werden konnte.


die Leopoldstadt, das Wiener Quasi-Ghetto, beherbergte damals
viele der traditionell gesinnten Wiener Juden


in Bildmitte ein traditionell gekleideter Wiener Jude, der 1938
von johlenden Nazis zum Gehsteigwaschen geführt wird

Zwar hatten sich viele Juden assimiliert, aber ein beträchtlicher Teil fiel doch durch Outfit, Bart- und Haartracht ins Auge oder war erkennbar an der weiter gebräuchlichen jiddschen Sprache: ursprünglich ein mittelhochdeutscher Dialekt mit hebräischen und anderen Sprachelementen vermischt, seit dem 14. Jahrhundert als Schriftsprache nachgewiesen.


Hitler stammte aus einem deutschnationalen Elternhaus und war ein entschiedener Deutschnationalist, er hasste das Habsburgerreich, weil es ein Vielvölkerstaat war, und entzog sich deswegen der militärischen Stellung so lange wie möglich. Erst nach seiner Übersiedlung nach München (1913) wird er von den Militärbehörden ausgeforscht und bei einer Nachstellung in Salzburg als "untauglich" eingestuft.


die berühmte Aufnahme von 1914,
der begeisterte Hitler inmitten der Kriegsjubler

Zu Beginn des 1. Weltkrieg meldet sich Hitler in München als Freiwilliger zum deutschen Militär, er rückt zum bayrischen Reserve-Infanterie-Regiment 16 ein, wird dort Meldegänger, erhält das Eiserne Kreuz, bringt es trotzdem bis 1918 nur zum Gefreiten, sein Kompaniekommandant fand an ihm keine entsprechenden Führungseigenschaften für einen Unteroffizier.


Hitler (ganz rechts) mit seinen Kameraden

Der erste Weltkrieg als Versuch einer Neuaufteilung der Welt im Interesse Deutschlands und Österreichs scheiterte. Die Zielsetzungen waren von Anfang an mit den vorhandenen militärischen und wirtschaftlichen Kräften kaum erreichbar. Mit zunehmender Kriegsdauer vergrößerten sich die innenpolitischen Probleme.
Da Deutschland zuerst wirtschaftlich und politisch zusammenbrach (obwohl das militärische Aus nur mehr eine Frage kurzer Zeit gewesen wäre), entsteht in den deutschnationalen Kreisen die Legende vom "Dolchstoß" in den Rücken der Armee durch die (sozialdemokratisch-jüdischen) "Vaterlandsverräter an der Heimatfront" - Bildung von Arbeiter- und Soldatenräten, Ausrufung der Republik in Deutschland und Österreich. Die Monarchie wird gestürzt, die Republik ausgerufen, Arbeiter- und Soldatenräte werden gebildet, die bürgerliche Gesellschaft scheint bedroht


ein Plakat der Rechten fordert die Ermordung der linken Parteiführer

Tatsächlich werden am 16.1.1919 Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, die Führer des Spartakusbundes und Mitbegründer der KPD, umgebracht. Der Freispruch von am Lynchmord beteiligten Offizieren im Sommer wird vom sozialdemokratischen Reichsminister Gustav Noske unterschrieben - die daraus resultierenden Spannungen zwischen Sozialdemokratie und KPD werden der faschistischen Rechten später enorm helfen.


der Revolutionär Karl Liebknecht (1871-1919) und Bluthund Gustav Noske (1868-1946)

Als Volksbeauftragter für Heer und Marine war Noske zuerst für die blutige Niederschlagung des Januaraufstandes 1919 (Spartakusaufstand) und später für das Blutbad an streikenden Arbeitern im Rahmen der Berliner Märzkämpfe verantwortlich, weiterhin für die Niederschlagung von lokalen Versuchen Räterepubliken zu errichten. Da er selber in seiner Schilderung, wie gegen die Aufständischen des Januar 1919 vorgegangen werden soll, seinen Ausspruch "Meinetwegen! Einer muss der Bluthund werden, ich scheue die Verantwortung nicht" überlieferte, trägt er seitdem den Beinamen "der Bluthund". Er musste 1920 nach dem Generalstreik gegen den Kapp-Putsch zurücktreten.


die Ausgangslage in Europa von 1914 -
Mitteleuropa wird von Deutschland und Österreich bestimmt


nach dem Ersten Weltkrieg, Deutschland, Österreich und Russland
sind keine Großmächte mehr, neue Nationalstaaten entstanden

Hitler beschließt, "Politiker zu werden" (wie er später in "Mein Kampf" schreibt), er bleibt nach Kriegsende in München bei der "Reichswehr" als Spitzel zur Beobachtung der zahlreichen neu entstehenden politischen Zirkel und Gruppen. Er kommt dabei mit der "Deutschen Arbeiterpartei" eines gewissen Anton Drexler in Kontakt. Die Partei hat einige Dutzend Mitglieder, Hitler wird ihr Propagandaleiter, da er mit großem Erfolg vor den Menschen sprechen kann und sie mitzureißen und zu begeistern versteht.


Anton Drexler (1884 - 1942), er gründete zusammen mit dem
Journalisten Karl Harrer im Jänner 1919 die DAP, Harrer schied
schon 1920 aus, Drexler war nach 1925 nicht mehr in der Nazi-Partei


Hitlers Mitgliedskarte der Deutschen Arbeiterpartei, seine Mitgliedsnummer ist 555,
(nicht 7, wie Hitler behauptete) - man hatte aber erst ab 501 zu nummerieren begonnen



Hitler als Soldat im Ersten Weltkrieg und als Politiker: 1919, 1923 und 1929


mit Parteigenossen am Wirtshaustisch


Hitler pflegte ständig eine Schusswaffe mitzuführen - samt Waffenschein

1920 wurde die Partei in NSDAP, Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, umbenannt und der Eher-Verlag mit der deutschnationalen Zeitung "Völkischer Beobachter" erworben. Dieses Blatt war aus dem 1887 gegründeten "Münchener Beobachter" hervorgegangen, einer kleinen Vorstadtzeitung, die in den Folgejahren noch öfter Namen und Besitzer wechseln sollte: Der Verleger Franz Eher gab das Blatt seit 1900 heraus, nach seinem Tode 1918 wurde der Eher-Verlag samt "Beobachter" an die völkisch gesinnte Thule-Gesellschaft verkauft, diese änderte den Namen in "Völkischer Beobachter". Als Verlag und Zeitung Ende 1920 in finanzielle Not gerieten und zum Verkauf standen, drängte vor allem Dietrich Eckart, Herausgeber der antisemitischen Wochenschrift "Auf gut deutsch" und Mentor Hitlers, den Völkischen Beobachter zu erweben, wofür Eckart das Geld organisierte.
Der Eher-Verlag sollte später unter der Leitung von Max Amann zur zentralen Verlagsgesellschaft des Nationalsozialismus, zum Herzstück des NS-Pressetrusts werden.

Am 29. Juli 1921 wird Hitler Chef der NSDAP. Die Partei überrundete bald durch ihre Radikalität und Hitlers Redetalent die anderen nationalistischen Gruppen an Popularität. Hitler verbüßte 1922 eine kurze Haftstrafe (Landfriedensbruch). Als volkstümliche Abkürzung für "Nationalsozialist" verbreitete sich (analog zu "Sozi" für Sozialdemokrat) die Bezeichnung "Nazi".


Flugzettel mit Ankündigung einer Hitlerrede (1920)


in den 20er-Jahren werden Massenveranstaltungen mit Hitler wie im
Münchner Zirkus Krone (mit Eintrittsgebühr!) zu ständigen Einrichtungen

Deutschland stand damals vor zahlreichen Problemen. Arbeiterdemonstrationen und -unruhen wurden blutig niedergeschlagen, der rechtsextreme Kapp-Putsch 1920 scheiterte durch einen erfolgreichen Generalstreik.
Unter Führung von Geheimrat Wolfgang Kapp und dem General von Lüttwitz besetzte die aus einem Freikorps hervorgegangene "Marinebrigade Ehrhardt" Berlins Regierungsviertel, Kapp rief sich zum Kanzler aus.
Der Generalstreik der Arbeiterschaft ließ den Putsch, der auch auf andere Städte übergegriffen hatte, zusammenbrechen. Kapp starb 1922 in Untersuchungshaft.

Der im Juni 1919 nicht ausgehandelte, sondern diktierte Friedensvertrag von Versailles brachte Gebietsverluste und schwere Reparationszahlungen für die Kriegsschäden an die Siegermächte (Dawes-Plan, Young-Plan). Hohe Leistungen aus der Wirtschaft und den Staatseinnahmen müssen an die Siegerstaaten abgetreten werden, jährliche Zahlungen von 2 Milliarden Goldmark und mehr belasten das erschöpfte Land.
Die kurzsichtige Vergeltungspolitik der Siegerstaaten sorgte folglich erst recht für den Aufschwung des Deutschnationalismus, den man damit eigentlich niederhalten wollte. Reparationszahlungen sollten bis 1988 (!) geleistet werden, wurden jedoch als Folge der Weltwirtschaftskrise im Juli 1932 eingestellt (Lausanner Abkommen).


Programm der NSDAP von 1920: (hier in Stichworten, > vollständig)

1. Zusammenschluss aller Deutschen in einem "Großdeutschland"
2. Aufhebung der Friedensverträge von Versailles und St.Germain
3. Kolonien für Deutschland
4. Juden können nicht deutsche Staatsbürger sein.
5. Juden sind unter Fremdengesetze zu stellen.
6. Öffentliche Ämter nur für "Deutsche", gegen Parteibuchwirtschaft".
7. Ausweisung der Juden (Nichtstaatsbürger lt. Punkt 4) in Notsituationen.
8. Keine Einwanderung "Nichtdeutscher".
9. Gleiche Rechten und Pflichten für alle.
10. Arbeit als erste Pflicht, Gemeinnutz vor Eigennutz.
11. Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens.
12. Brechung der Zinsknechtschaft, Einziehung der Kriegsgewinne.
13. Verstaatlichung aller Trusts.
14. Gewinnbeteiligung an Großbetrieben.
15. Ausbau der Altersversorgung.
16. Schaffung und Erhaltung eines "gesunden Mittelstandes".
17. Bodenreform, Abschaffung von Bodenzins und Bodenspekulation.
18. Rücksichtsloser Kampf gegen "Volksverbrecher, Wucherer, Schieber" (Todesstrafe!).
19. Ersatz des römischen Rechtes durch ein deutsches Recht.
20. Ausbau des Volksbildungswesens, Erziehung zum Staatsgedanken.
21. Hebung der Volksgesundheit (Mutterschutz, körperliche Ertüchtigung)
22. Schaffung eines Volks- statt des Söldnerheeres.
23. Ausschluss der Juden aus dem Pressewesen.
24. Religionsfreiheit, soweit Religionen nicht gegen die germanische Sittlichkeit und Moral verstoßen.
25. Schaffung einer starken Zentralgewalt mit unbedingter Autorität über das Reich und seine Organisationen.

Punkt 1 - 3: Revision des Ergebnisses des ersten Weltkrieges. Punkt 4 - 14: Maßnahmen, die gegen den "jüdischen Kapitalismus" gerichtet waren.
Die Punkte 9 - 14 könnten allgemein antikapitalistisch verstanden werden und wurden vom "linken Flügel" der NSDAP (Gebrüder Strasser) auch so interpretiert - das Festhalten daran von Teilen der Partei führte 1934 zur Liquidierung der SA-Führung ("Röhm-Putsch").
Die Punkte 9-13, 16-19 richteten sich an den "Mittelstand", die Hauptzielgruppe unter den Wählern, sollten diese vor dem Großkapital beschützen und vor der Proletarisierung bewahren.
Die Punkte 20 - 22 zielten auf die Vorbereitung kriegerischer Auseinandersetzungen, Punkt 25 sprach klar das Ziel einer entschiedenen Alleinherrschaft aus, wenn auch die konkrete Formulierung noch von einem "Zentralparlament" spricht (das aber logischerweise eine starke Zentralgewalt nur ohne entsprechende Opposition ausüben könnte!).

Wesentliche Formulierer des Parteiprogramms waren Hitlers Mentor Dietrich Eckart und Gottfried Feder ("Brechung der Zinsknechtschaft").

Anfang 1923 gerät Deutschland in Rückstand mit den Reparationszahlungen, Franzosen und Belgier besetzen darauf das Ruhrgebiet. Effekt: Die deutschnationalen Kreise erhalten enormen Auftrieb. Ende Jänner findet der 1. Reichsparteitag der NSDAP in München statt, die NSDAP wird im März (wegen Putschgefahr) außerhalb Bayerns verboten. In einzelnen Teilen Deutschlands entstehen (vom Ausland teilweise gefördert) separatistische Bestrebungen. Die Inflation erreicht ihren Höhepunkt, die Zentralgewalt des Staates schwindet. Es scheint möglich, diese Zentralgewalt durch ein entschlossenes Vorgehen an sich zu reißen. Eine entschieden auftretende nationalistische Gruppe könnte mit der Unterstützung der Reichswehr und anderer konservativer und deutschnationaler Gruppen rechnen.


Jungpolitiker Hitler


einer der frühen SA-Aufmärsche, München 1923


Nazi-Putsch 1923

In München findet am 8.11.1923 eine Versammlung im Bürgerbräukeller statt. Hitler und seine SA zwingen dort den Generalstaatskommissar Kahr, der seit August Bayern regiert, sich einer von der NSDAP ausgerufenen "nationalen Revolution" anzuschließen.


Hitler mit Ludendorff und Röhm


die selbsternannte Putsch-Regierung
(Lossow und Seisser waren von Ludendorff zur Teilnahme
vergattert worden, sie distanzieren sich am nächsten Tag)

Kahr nimmt am nächsten Tag sein erzwungenes Einverständnis zurück und lässt Landpolizei und Reichswehr gegen die Putschisten aufbieten. Es kommt am 9.11. beim Marsch der Nazis zur "Feldherrnhalle" zu Schießereien, bei denen 16 Nazis und drei Polizisten getötet werden. Unter den Toten ist auch einer der frühen Förderer und engsten Vertrauten Hitlers, Max Scheubner-Richter.


der "Stoßtrupp Hitler", die SA-Leibwache Hitlers, daraus entwickelte sich später die SS


"Ende der Hanswurstiade" schlagzeilt der sozialdemokratische "Vorwärts"

Hitler wird am 1.4.1924 wegen Hochverrates zu 5 Jahren Festungshaft verurteilt, andere Nazis erhalten ebenfalls Haftstrafen, die NSDAP wird verboten. Bereits im Urteil werden zahlreiche Milderungsgründe (besonders die deutschnationale Gesinnung) angeführt und eine Haftentlassung nach 6 Monaten in Aussicht gestellt.


Hitler in der Haft auf der Festung Landsberg

Hitler nutzt die Haftzeit, um sein Buch Mein Kampf zu verfassen, in dem er seine politischen Vorstellungen und Absichten mit aller Deutlichkeit darlegt: Hitler ist von der (heute gänzlich irreal erscheinenden) fixen Idee besessen, Deutschland sei für seine vielen Einwohner räumlich zu klein, das Land könne auf Dauer sein Volk nicht ernähren: Daraus folgt das Schlagwort vom "Volk ohne Raum" und die Forderung, sich diesen Raum im Osten zu holen, was unverblümt die kriegerischen Absichten zeigt.


im Vorwort von "Mein Kampf" freut sich Hitler über die Muse zum Schreiben ..

Die Errichtung einer unduldsamen weltanschaulichen Diktatur wird genauso angekündigt, wie Hitler auch nicht mit der Schilderung seiner emotionellen Propaganda- und Manipulationsmethoden zur Beeinflussung der "mehr gefühlsmäßig eingestellten Massen" hinter dem Berg hält. Der Hass gegen die Juden ist eines der Hauptthemen. Obwohl es Hitler aus seiner Wiener Zeit besser wissen müsste, unterstellt er den Juden, dass sie nur eine Scheinkultur besäßen, am Kulturkörper ihrer "Gastvölker" schmarotzend nach der Weltherrschaft strebten. Wer will, kann nachlesen: Auszüge aus "Mein Kampf".


"Mein Kampf", das Buch in dem Hitler unverhohlen seine Absichten kundtat, einschließlich
seiner Absicht, das "deutsche Reich" Richtung Osten durch Kolonialisierung zu vergrößern

Hinter allen Erscheinungen, die Hitler nicht gefallen (Presse, moderne Kunst, Wirtschaft usw.), steckten nach seiner Meinung Juden. "Mein Kampf" ist hauptsächlich eine Ansammlung von Gemeinplätzen und Vorurteilen, wie sie massenhaft in den kleinbürgerlichen Köpfen der damaligen Zeit zu finden waren.


mit Flugblättern versuchen dann später jüdische Organisationen
ihren Patriotismus zu betonen, die Anzahl der gefallenen Juden
unterschied sich anteilmäßig nicht von der der gefallenen "Arier"

Die NSDAP war im November 1923 verboten worden, Hitler bis 20.12.24 in Haft. Als Ersatzorganisation war die "Nationalsozialistische Freiheitsbewegung" gegründet worden, geleitet von Ludendorff, Albrecht von Graefe und Gregor Straßer. Am 27.2.1925 wird die Neugründung der NSDAP zugelassen, Hitler erkämpft sich wieder die Parteiführung, im November entsteht (in Ergänzung der bereits als Saalschutz 1921 gegründeten SA), die SS. (SA = Sturmabteilung, SS = Schutzstaffel).


die Parteigenossen werden reaktiviert ...


... und Hitler kehrt wieder


bei der Bezeichnung SS spielt der Germanenkult eine wichtige Rolle:
Das S in "Blitzform" war das germanische Siegeszeichen.

Gregor Strasser übernimmt den Aufbau der NSDAP im Norden Deutschlands (und ist später Hitlers wesentlicher innerparteilicher Konkurrent). Hitler wird auf Antrag im April 1925 aus der österreichischen Staatsbürgerschaft entlassen und ist somit nun staatenlos. Erst 1932 erhält er die deutsche Staatsbürgerschaft.


aus der "Kampfzeit": Heß, Hitler, Streicher


Die Kriegsverluste und Kriegsschulden hatten zu einer rasenden Inflation geführt, das Geld wurde von Tag zu Tag weniger wert, ständig wurden neue Geldscheine mit höheren Wertangaben nachgedruckt, die Geldentwertung weiter angeheizt.


kleinere Banknotenwerte werden nicht mehr gezählt, sondern gewogen

Im Laufe des November 1923 erfolgte in Deutschland die Umstellung der völlig wertlos gewordenen Papiermark auf die neue Rentenmark, die Papiermark wurde mit einem Umtauschkurs 1 Billion Papiermark zu 1 Rentenmark (die neue Mark wurde auf Basis einer Sicherungshypothek auf den gesamten deutschen Grundbesitz gedeckt) außer Umlauf gesetzt. Alle Spargelder waren damit wertlos geworden, die Geldentwertung in der Folge der Kriegsschulden und der Kriegsniederlage führte dazu, dass die Politiker in der Folge nichts so sehr fürchteten wie steigende Preise und daher in erster Linie nur noch auf einen möglichst sparsam gestalteten, möglichst ausgeglichenen Staatshaushalt achteten, was die auf den Wirtschaftsaufschwung im Gefolge der Geldreform folgende Weltwirtschaftskrise von 1929 unbewältigbar erscheinen ließ.

Hinweis zu den Angaben in Reichsmark. 1 RM der Dreißigerjahre entspricht nach dem offiziellen Preisindex im Jahr 2000 öS 53,46 bzw. 3,89 Euro, was allerdings kaum auf alle Preisvergleiche im Alltagsleben passt.


eine Billion Mark = 1 Mark

Am 29. 10. 1929 löste an der New Yorker Börse der Sturz der vor allem durch Spekulationsgeschäfte in die Höhe getriebenen Aktienkurse infolge von Panikverkäufen eine schwere Wirtschaftskrise aus. Binnen kurzer Zeit fielen die Kurse um bis zu 90% und vernichteten neben zahlreichen Firmen auch die Guthaben von Millionen von Sparern. Dem als »Schwarzer Freitag« in die Geschichte eingegangenen Börsenkrach war eine Hausse vorausgegangen, die sich ab 1928 aufgrund hoher Liquidität entwickelte. Ursachen für den Kursverfall sind neben der Spekulation u. a. das Ungleichgewicht in der Weltwirtschaft und die Absatzkrise in der Landwirtschaft.
Der »Schwarze Freitag« markiert den Beginn der Weltwirtschaftskrise, einer weltweiten Rezession mit Massenarbeitslosigkeit und Produktionsrückgang. Im Deutschen Reich musste u. a. 1931 die Darmstädter- und Nationalbank ihre Zahlungen einstellen, worauf die Regierung alle Banken und Börsen per Notverordnung schließen ließ. Die Lage besserte sich auf Jahre hinaus nicht, Arbeitslosigkeit und Armut nahmen zu, zahlreiche Kriegsversehrte sollten versorgt werden, der bevölkerungsmäßig relativ starke Mittelstand befürchtete vermehrt seine Proletarisierung (die Anzahl der Kleingewerbetreibenden, der kleinen Kaufleute, der Bauern war damals ja weitaus höher als heute, die Anzahl der unselbständig Erwerbstätigen wesentlich geringer), die Klassengegensätze verschärften sich, die Bildung von Regierungskoalitionen, die diese großen Probleme lösen hätte können, gelang nicht. Regiert wurde meist im Wege von Notverordnungen, die von den Regierungen erstellt und vom Reichspräsidenten erlassen wurden.


Kriegsinvalide waren auf Mildtätigkeit angewiesen
bis zu einem Drittel der Unselbständigen ist arbeitslos und geht "stempeln", die Arbeitslosen
mussten regelmäßig auf den Arbeitsämtern vorsprechen und erhielten in ihre Papiere zur
Bestätigung einen Stempel, der für eine gewisse Zeit Arbeitslosengeldbezug ermöglichte


die Arbeiterparteien wenden sich besonders auch der von der
wirtschaftlichen Entwicklung schwer betroffenen jungen Generation zu



Hitlers Duz-Freund
Ernst Röhm kommt 1930 aus Bolivien zurück,
wo er als Militärausbilder tätig war, er wird Kommandant der SA

Die SA wuchs unter dem Kommando von Ernst Röhm rasch an und terrorisierte durch ihre Gewalttätigkeiten die politischen Gegner. In Bayern, Preußen und Baden wurde im Juni 1930 ein Uniformverbot gegen die SA erlassen. Die Reaktion auf dieses Verbot war per SA-Befehl das "weiße Verbotshemd". Im April 1932 wurde die SA reichsweit verboten, das Verbot jedoch bereits im Juni wieder aufgehoben.


die SA marschiert wegen des Uniformverbotes in weißen Hemden auf

Im Juli 1932 enthob der aus dem katholischen Zentrum kommende, jetzt parteilose Reichskanzler Papen per Notverordnung (weil es eine Schießerei mit Toten zwischen Nazis, Kommunisten und der Polizei gegeben hatte) die sozialdemokratische preußische Regierung ihres Amtes.
Das hatte eine entscheidende Schwächung der demokratischen Strukturen des Weimarer Staates zur Folge. Preußen war das mit Abstand größte Bundesland und umfasste über 60 % des damaligen Reichsgebietes und der Einwohner (Preußen reichte von Ostpreußen bis zur Rheinprovinz).

Das verstärkte in den verunsicherten Bevölkerungsschichten die Ansprechbereitschaft für extreme Lösungen. Geschäftskonkurse, (drohende) Arbeitsplatzverluste, enttäuschte Existenz- und Aufstiegserwartungen, Zukunftsängste unter jungen Menschen und die propagierte nationale Gemeinschaft, die die Probleme für das ganze Volk zu lösen versprach, stärkten die Nazipartei. Die "deutsche Volksgemeinschaft" war auch das Argument, das Hitler die Unterstützung der Großindustrie und der Großagrarier sicherte: Denn die kämpferische Arbeiterbewegung sollte nicht nur gewaltsam oder administrativ ("Vernichtung des Marxismus", Parteienverbote), sondern auch dadurch ausgeschaltet werden, dass der Arbeiterklasse die Integration in eine nationale "Volksgemeinschaft" angeboten wurde. In der 1927 für die Großindustriellen verfassten geheimen Denkschrift "Der Weg zum Wiederaufstieg" hatte Hitler dazu vermerkt: "Sie (die NSDAP) sieht dabei die Erfüllung sozial berechtigter Ansprüche als selbstverständliche, in Wahrheit überhaupt nur scheinbare Konzessionen an, denen der immense Wert einer die gesamte Nation umfassenden innigen Gemeinschaft Aller und der daraus ersprießenden Kraft gegenüber steht".

Und nach der "Machtergreifung" wurden Elemente dieser Vorstellungen von einer "Volksgemeinschaft" durchaus massenwirksam umgesetzt: Es gab tatsächlich emanzipatorische Schritte, Standesvorrechte und Standesdünkel wurden zurückgedrängt, für ehrgeizige, strebsame Menschen war es deutlich leichter, unabhängig von Herkunft und Milieu, in der Gesellschaft aufzusteigen. Der Nationalsozialismus bot de facto Möglichkeiten jenseits des bisher Gekannten. Die Aufwertung jedweder so genannten "schaffenden Arbeit", geleistet von den "Arbeitern der Stirn und der Faust", stellte alle für die "Volksgemeinschaft" erbrachten Leistungen standesunterschiedslos nebeneinander. Damit nahm man zwar den Besitzenden nichts weg und gab den den unteren Schichten nichts, verschaffte diesen aber kostenfreie Selbstbestätigung, gaukelte damit zumindest größeren Teilen der Bevölkerung die Überwindung der gesellschaftlichen Klassen und ihrer Schranken vor.


Die NSDAP bei den Wahlen

1924 (Als "Freiheitsbewegung"): 6,5% (1,9 Millionen Stimmen) und 32 Mandate (Nachwirkung des Münchner Putschversuches, der Hitler überregional populär machte und Stimmenanteile bis über 20% brachte), bei der zweiten Reichstagswahl im Dezember desselben Jahres verlieren die Nazis wieder eine Million Stimmen und erhalten 3% und 14 Mandate, 1928 sackt die NSDAP auf 2,6% und bloß noch 12 Abgeordnete im Reichstag ab: Die Partei scheint erledigt zu sein, diverse noch bestehende Maßnahmen zu ihrer Beschränkung (wie Hitlers Redeverbot in verschiedenen Gebieten) werden aufgehoben.

Die Wirtschaftskrise von 1929 bringt aber eine entscheidende Umkehr, die NSDAP steigt bei den Wahlen vom September 1930 von 2,6% auf 18,3%, die Abgeordneten von 12 auf 107, die Stimmen von 810.000 auf fast 6,4 Millionen! Die NS-Propaganda wandte sich an die Verunsicherten und bot Zuversicht mit vermeintlich klaren Lösungsplänen - wie sich im Manifest der NSDAP zu dieser Wahl nachlesen lässt.

Woher kamen die Wähler? Ca. 2 Millionen von der Deutschnationalen Volkspartei des Zeitungszaren Hugenberg (Hälfte der Wähler dieser Partei!), eine Million von der Deutschen Volkspartei, der Rest aus dem großen Lager der bisherigen Nichtwähler (und auch der Erstwähler). Die NSDAP war von einer Splitterpartei zur zweitstärksten Gruppierung nach der Sozialdemokratie aufgestiegen. Zum Wahlerfolg der NSDAP ein Zeitungsartikel von damals, vom Politiker und Journalisten Helmut Gerlach: "Woher kommen Hitlers 6 1/2 Millionen Stimmen?"

Der Weg zum Nationalsozialismus war nicht zwangsläufig, aber naheliegend: Als die Weltwirtschaftskrise Auswegs- und Hoffnungslosigkeit ins scheinbar Unendliche steigerte, repräsentierte die "Hitler-Bewegung" den Zeitgeist des frustrierten Kleinbürgertums und die wirtschaftlichen Interessen der Konzerne am klarsten und vor allem wirkungsvollsten, die Anhänger der anderen deutschnationalen Gruppierungen gingen mit fliegenden Fahnen zu Hitler über. Großmachtstreben, Antisemitismus und Feindschaft gegen die Arbeiterbewegung waren auch den Anhängern der Deutschnationalen Volkspartei, der Deutschen Volkspartei, auch des katholischen Zentrums usw. nichts Wesensfremdes.


SA marschiert


das 1931 in München als NS-Parteizentrale eingerichtete "Braune Haus"
- das Geld dafür stammte vom Industriellen Fritz Thyssen


Die NSDAP tritt ständig an die Öffentlichkeit: Versammlungen, Aufmärsche, Kundgebungen mit Hitler als Redner, in genau einstudierten Posen, die er vor dem Spiegel übt und von denen sein Hausfotograf Hofmann Fotoserien anfertigt. Hitler hatte schon als junger Mann in Wien erkannt, wie wichtig es ist, durch ein Gefühl der Gemeinschaft und ein deutliches und entschiedenes Feindbild entsprechende Emotionen zu schüren und dadurch Zusammengehörigkeit, Zustimmung, Bestätigung und Begeisterung zu erzielen. Er stellte daher dem braven deutschen Volksgenossen bewusst ein zentrales Feindbild, an das er selber allerdings auch wirklich glaubte, gegenüber: den Juden.

Juden dienen gleichzeitig seinem angeblichen Antikapitalismus ("jüdische Plutokraten") und seinem tatsächlichen Antisozialismus ("jüdischer Marxismus und Bolschewismus"), zusammengefasst als "jüdische Weltverschwörung". Die Wirtschaftskrise wird als Folge des Friedensvertrages des Ersten Weltkrieges und der Machenschaften der Juden hingestellt, wodurch die braven deutschen Arbeitenden um die Früchte ihrer Leistungen gebracht würden.

Weitere Ausführungen dazu: Antisemitismus, Protokolle der Weisen von Zion - Die Welt als Verschwörung und noch einmal Die Protokolle der Weisen von Zion - 100 Jahre Mythos der jüdischen Weltverschwörung, sowie Der antisemitische Zeitgeist im ausgehenden 19. Jahrhundert und die Angst vor der Moderne als Ursache für den Aufstieg des Antisemitsmus.


"Die Protokolle der Weisen von Zion" - eine Fälschung des zaristischen Geheimdienstes -
erweisen sich als erfolgreiches Propagandainstrument

Das Weltbild der Nationalsozialisten war somit einfach: Deutschlands Probleme wurden durch die Siegerstaaten, die Arbeiterbewegung und durch die Parlamentarische Demokratie (die zu keinem einheitlichen "Durchgreifen" fähig war) verursacht, und hinter allem steckten die Juden.

Geschickt wandte man sich auch an unterschiedliche Zielgruppen mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Eine zeitgenössische Karikatur zeigte dies so: Gegenüber dem Mittelstand, den Unternehmern und anderen konservativ-national Eingestellten als NATIONALsozialistische DEUTSCHE ArbeiterPARTEI, unter der Arbeiterschaft als national SOZIALISTISCHE deutsche ARBEITERPARTEI . Der Begriff "Sozialismus" hat nichts mit dem Sozialismus der Arbeiterbewegung zu tun, der "Nationalsozialismus" ist Schimäre.


einmal für die Proleten, einmal für die zahlungsfähigen Kreise, Karikatur von 1931


Anti-Nazi-Plakat von 1932 mit ähnlicher Formulierung

Die Grundsätze seiner Propagandamethoden hat Hitler mit unglaublichem Zynismus in "Mein Kampf" wörtlich so erklärt: "Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll. Handelt es sich aber, wie bei der Propaganda für die Durchhaltung eines Krieges, darum, ein ganzes Volk in ihren Wirkungsbereich zu ziehen, so kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen gar nicht groß genug sein"

Diese Argumentation enthält das Geheimnis des Erfolges des Nationalsozialismus: NUR DAS DÜMMSTE IST GUT GENUG für die erfolgreiche Propagierung der nationalsozialistischen Ideen!

Hitler übte Gestik und Mimik vor dem Spiegel und mittels Fotoserien,
die sein Leibfotograf Hoffmann anfertigte, in der Praxis wurde das Geübte angewandt


für die "besseren Kreise" lässt sich Hitler passend stylen

Die so vorgetragene Primitiv-Propaganda war von durchschlagendem Erfolg:
Bei den Reichtstagswahlen vom Juli 1932 stieg die NSDAP von 18,3 auf 37,3% der Stimmen (13.763.781 Stimmen und 230 Abgeordnete), die Deutschnationale Volkspartei büßte weitere 200.000 Wähler ein, die großbürgerliche Deutsche Volkspartei sank von 1,7 Millionen auf nur noch gut 400.000 Stimmen, die kleineren Parteien (Wirtschaftspartei, Deutsches Landvolk, Christliche-Soziale, Konservative Volkspartei) büßten zusammen 3,7 Millionen Wähler ein, die Deutsche Demokratische Partei verlor rund 1 Mio. Anhänger, die Nichtwähler gingen um 700.000 zurück, der Rest der Stimmenzunahme entstand durch die Zunahme der Wahlberechtigten. Die NSDAP stützte sich somit ausschließlich auf Stimmengewinne aus dem Lager der bürgerlichen Parteien. Die Sozialdemokraten und die Kommunisten blieben stimmenmäßig zusammen ungefähr gleich.
Die Ursache der Stärkung der NSDAP war keineswegs (wie heute von konservativer Geschichtsschreibung gerne behauptet wird) eine Polarisierung zwischen rechts und links, sondern das Überlaufen der "bürgerlichen Mitte" in größten Scharen zum Rechtsextremismus!


das, was der Nationalsozialismus bringen würde, war durchaus vor
der "Machtergreifung" erkennbar, wie die obige Karikatur beweist!


auch dieses Schlussbild des österreichischen sozialdemokratischen Comic-Strips
"Seicherl im 3. Reich" aus dem Jahre 1932, in dem die Figur des "Seicherls" Hitler bei der
Verwirklichung seiner Wahlversprechen begleitet, sollte sich als eher realistisch erweisen.

Über die konkreten Methoden, die die Nationalsozialisten anwenden sollten, schrieb Hitler 1926 in einem Brief an einen SA-Führer: "Was wir brauchen, sind nicht hundert oder zweihundert verwegene Verschwörer, sondern hunderttausend und aberhunderttausend fanatische Kämpfer für unsere Weltanschauung. Nicht in geheimen Konventikeln soll gearbeitet werden, sondern in gewaltigen Massenaufzügen, und nicht durch Dolch und Gift oder Pistole kann der Bewegung die Bahn freigemacht werden, sondern durch Eroberung der Straße. Wir haben dem Marxismus beizubringen, dass der künftige Herr der Straße der Nationalsozialismus ist, genauso wie er einst Herr des Staates sein wird. (..) Wollen wir einen Machtfaktor schaffen, dann brauchen wir Einheit, Autorität und Drill. Wir dürfen uns niemals leiten lassen von dem Gedanken, etwa ein Heer von Politikern zu schaffen, sondern ein Heer von Soldaten der neuen Weltanschauung."

1928 hatten die bürgerlichen Parteien (in ihrer Gesamtheit etwa mit dem Potential der jetzigen Parteien CDU/CSU/FDP vergleichbar) noch 57% der abgegebenen, gültigen Stimmen, 1930 waren es nur noch 43,8%, bei der Juliwahl 1932 gar nur 26,8 %: während die Linke folgende Anteile aufwies: 1928: 40,4%, 1930: 37,6%, 1932: 35,9% (die sinkenden Anteile ergaben sich trotz steigender Stimmen durch die stärker zunehmenden gültigen Stimmen). Hitler war also in keiner Weise der Vorsitzende einer Arbeiterpartei.

Auch eine Analyse der Anhängerschaft der NSDAP ergibt eine deutliche Überrepräsentanz der Selbständigen, Angestellten und Beamten, auch der Bauern, hingegen eine deutliche Unterrepräsentanz der Arbeiter.

Bei den Reichspräsidentenwahlen 1932 präsentieren die Nazis ihren Führer als Retter aus Not und Verzweiflung, Hitler erhielt im ersten Wahlgang ca. 30%, im zweiten Wahlgang nicht ganz 37% der abgegebenen Wählerstimmen. Zum zweiten Mal gewählt wurde der bereits ziemlich "verkalkte" ehemalige Feldmarschall Hindenburg, der zwar aus aristokratischer Arroganz eine gewisse Abneigung gegen Hitler hatte, sich aber nach dessen Machtübernahme als willfähriges Werkzeug erwies. Die Vermutung, es wäre Hindenburg, der das Land vor Hitler retten könne, stellte sich alsbald als furchtbarer Irrtum heraus.

Ein für die Nazis wichtiger Schachzug gelang über den Sommer 1932. Das reichlich absonderliche Wirtschaftsprogramm der NSDAP wurde umgekrempelt. Bisher hatten sich die Aussagen vorwiegend an das Kleinbürgertum und den Mittelstand gerichtet, die Spinnereien des Gottfried Feder ("Brechung der Zinsknechtschaft") waren eine wesentliche Parole gewesen. Seit Ende 1931 war Wilhelm Keppler, Leiter einer chemischen Fabrik, Hitlers Wirtschaftsberater. Er zog den "Keppler-Kreis" von Wirtschaftsfachleuten mit NS-Kontakten auf und sicherte damit die Zustimmung der Schwerindustrie zu den Plänen Hitlers. Die militante Gegnerschaft der Nazis zur Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung entsprach den Interessen dieser Gruppe ganz besonders.
Ein für den Nationalsozialismus besonders Engagierter war der langjährige führende Manager in der Bergbau- und Stahlindustrie des Ruhrgebietes, Emil Kirdorf. Der fanatische Feind der Arbeiterbewegung und der Gewerkschaften engagierte sich seit 1927 als schon 80jähriger intensiv und sehr erfolgreich für die massive Unterstützung der Nazis durch Bergbau und Schwerindustrie.


einige wichtige Komplizen der Nazis aus der Großbourgeoisie, sie litten nicht unter
"Hunger und Verzweiflung", Hermann Reusch, Großindustrieller, Fritz Thyssen,
Großindustrieller, Paul Silverberg, Braunkohle, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach,
Großindustrieller, Fritz Springorum, Eisenhütte, Emil Kirdorf, Bergbau


zu diesem Thema die berühmte Montage von John Heartfield - die enormen Kosten für
den Aufstieg der NSDAP wurden aus vielen Geldquellen finanziert, die Spender reichten
von der russischen Großfürstin Viktoria bis zum US-Autokönig Henry Ford - die Welt
der Antibolschewisten und Antisemiten war voll Zukunftsangst und zahlungswillig

Im Jahre 1932 waren wegen ihrer öffentlichen Gewalttätigkeiten SA und SS einige Monate lang verboten worden. Bedingt durch das rabaukenhafte und anmaßende Auftreten der Nazi nach ihrem Wahlerfolg, gab es bei der zweiten Reichstagswahl im November 1932 (wegen Auflösung des Reichstages infolge eines Misstrauensantrags gegen die Regierung Papen) einen empfindlichen Rückschlag für die NSDAP.
Sie verlor 2 Millionen Stimmen und 34 Mandate (gut 800.000 an die Deutschnationale Volkspartei, den Rest durch deutlichen Rückgang der Wahlbeteiligung), innerhalb der Linken gab es einen weiteren Ruck von der SPD zur KPD (121 zu 100 Mandaten, statt vorher 133 zu 89), der gemeinsame Stimmenanteil blieb etwa gleich.


die "Bedrohung" durch den Linksradikalismus war beliebter rechter Propagandainhalt -
die KPD in den 20ern war weder ein revolutionärer noch ein wesentlicher politischer Faktor

Der Aufstieg des Nationalsozialismus schien zu einem Ende gekommen zu sein. Wie falsch die Einschätzung war, hörte man z.B. auch auf einer Schallplatte von Ernst Busch vom November 1932, zur Melodie "It's a long way to Tipperary" wurde der Brecht-Text "Es ist ein langer Weg zum Dritte Reiche" gesungen. Entgegen der Ironie des Textes war es kein langer Weg mehr ins Dritte Reich (interessant in diesem Lied ist die zweite Strophe mit dem Spott über "kameradschaftlichen Verkehr" - die homosexuelle Gruppe um SA-Führer Röhm war keine Geheimsache).

Hitler hatte in der Zeit vorher schon mehrfach betont, auch in eine Koalitionsregierung eintreten zu wollen, allerdings nur als Kanzler, nicht als Vizekanzler oder Minister. Durch den nun erlittenen Rückschlag ging es darum, einen Regierungseintritt möglichst rasch zu erreichen, da ansonsten ein Abbröckeln der Anhängerschaft, die nicht endlos zuzuwarten bereit war, zu befürchten war.

General Kurt von Schleicher wird Reichskanzler (3.12.1932) und versucht die Unterstützung der Gewerkschaften und auch des "linken" NSDAP-Flügels von Gregor Straßer zu erlangen. Es kommt deswegen zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen Hitler und Straßer, als der letztere seine Absicht signalisiert, als Vizekanzler in die Regierung Schleicher einzutreten.

Die NSDAP ist damit in einer prekären Situation. Die Anhänger fangen an sich wieder zu verlaufen, durch Wahlkämpfe ist die Parteikasse ziemlich erschöpft, in der wirtschaftlichen Entwicklung kann mit einem Absinken der Arbeitslosigkeit und dadurch mit einer Entspannung der Situation gerechnet werden: Die Anstrengungen der NSDAP und ihrer Förderer aus Spitzenkreisen der Wirtschaft (die die Nazis als Kampfmittel gegen die Arbeiterbewegung nutzen wollen), Hitler doch noch an die Macht zu bringen, werden forciert.

Als Schleicher den Vorschlag macht, den Reichstag auf unbestimmte Zeit aufzulösen und durch Notverordnungen zu regieren - er hat wie seine Vorgänger keine tragfähige Mehrheit im Reichstag erhalten können - ist Hitlers Moment da: Hindenburg lehnt Schleichers Vorschlag ab und beauftragt auf Drängen von führenden Wirtschaftskreisen Hitler mit der Regierungsbildung. Dieser hat im Laufe des Jänner 1933 mit dem ehemaligen Kanzler Papen (der aus dem katholischen Zentrum stammt), mit Hugenberg (Zeitungszar und Vorsitzender der Deutschnationalen Volkspartei) und dem Hindenburg-Sohn Oskar eine Regierungskoalition ausgehandelt:
Hitler als Reichskanzler, weitere NSDAP-Minister: Frick (Inneres), Göring (ohne Geschäftsbereich); die DNVP (Deutschnationale Volkspartei) stellt Hugenberg (Wirtschaft), Gürtner (Justiz), parteilose Minister sind Vizekanzler Papen (vormals Politiker des katholischen Zentrums), Außenminister Neurath, Finanzminister Schwerin-Krosigk, Reichswehrminister Blomberg, Verkehrsminister Eltz-Rübenach und Arbeitsminister Seldte.

Zum Anklicken: Wahlen von 1919 bis 1933

Ende der Vorgeschichte, am 30.1.1933 beginnt die Geschichte des "Dritten Reiches".
Wie die NSDAP ihre Geschichte selbst darstellte, kann einem Text von Reichsleiter Philipp Bouhler "Der Führer und seine Bewegung" (Ausgabe 1938) entnommen werden.